Ortslage und Siedlung (bis 1970): | Unmittelbar an die Dietinger Markung angrenzend befinden sich zwei Schanzen aus der Latènezeit. Die um 80 n. Chr. entstandenen Römerstraßen kreuzen dreimal die Dietinger Gesamtmarkung und werden z.T. heute noch benutzt. Auf der Markung Heidebühl wurde ein römischer Gutshof entdeckt. Der Name des 786 erstmals genannten Orts weist auf eine alemannische Siedlung hin, »Diet«, »Deot« (786), »Theot« (789/793), »Thiet« (882) wird vom althochdeutschen »diot« oder »deot«, was Volk entspricht, abgeleitet. Der Ort lag früher vermutlich an der heutigen Landstraße im Bereich der Bühlkapelle (Gewann Laubberg/Heidenbühl). Nach dem Einfall der Ungarn wurde das Dorf wohl jenseits der Durchgangsstraße im heutigen Bereich Berghofen wieder aufgebaut, nach der Zerstörung durch kaiserliche Truppen von den Herren von Neckarburg in deren Gebiet auf dem Hochen. Mitte des 15. Jahrhunderts wurde Dietingen bei Fehden zwischen der Stadt Rottweil und Württemberg zwei weitere Male niedergebrannt. Zu einem großen Dorfbrand, dem 19 Häuser zum Opfer fielen, kam es noch einmal 1752. Dietingen zeigt eine aufgelockerte planmäßige Siedlungserweiterung. Neubaugebiete im Süden. |
Geschichte: | Erstmals erwähnt wird Dietingen 786: Graf Gerold schenkte damals Güter in »Deotingun« an das Kloster St. Gallen. 792 erwarb der Konstanzer Bischof Besitz im Ort, 882 konnte dieser durch Tausch weiter vermehrt werden. Nach wie vor bezog St. Gallen um 1200 Einkünfte (den Zehnten) aus Dietingen. 1275 bestätigte Papst Gregor X. auch dem Rottweiler Spital Güter in Dietingen. Im 14. Jahrhundert war der Zehnte im Besitz der Fürstenberger, die ihn wiederholt zu Lehen ausgaben. Bereits 1327 besaß Kloster Rottenmünster sechs Höfe und ein kleines Lehen; zwischen 1336 und 1427 konnten drei weitere Höfe erworben werden. Noch 1736 besaß das Kloster neun Höfe und zwei Einzelstücke in Dietingen, veräußerte aber bis 1767 einen Teil dieser Lehen. Seit dem 14. Jahrhundert hatten verschiedene Familien der Rottweiler Oberschicht Besitz in Dietingen. Im 18. Jahrhundert gehörten Lehen dem Rottweiler Spital, den Dominikanerinnen, Dominikanern, Jesuiten, Heiligkreuz, dem Rottweiler Siechenhaus von Allerheiligen, dem Kastenamt und der Rottweiler Stipendienverwaltung, der Johanniterkomturei, dem Kloster Rottenmünster (fast ein Drittel aller Lehensgüter im Dorf) und dem Spital in Villingen. 1361 übertrug Ritter Reinher von Rüti seiner Tochter Margarete anlässlich ihrer Ehe mit Burkhard von Neuneck Dietingen gemeinsam mit der Neckarburg und einem Teil des darunter liegenden Weilers sowie je einer Hälfte von Hohenstein und Irslingen. 1411 verkaufte Margarete den gesamten Besitz an Graf Hermann von Sulz, der ihn umgehend an die Stadt Rottweil weiterveräußerte. Seit der Rottweiler Verwaltungsreform von 1545/46 gehörte Dietingen zur Rottweiler Obervogtei. An der Spitze der Gemeinde stand ein Vogt (1482), der jährlich durch alle männlichen Einwohner gewählt wurde. Zusammen mit dem Untervogt und etwa sieben vom Rottweiler Obervogteiamt bestellten Richtern bildete der Vogt das Dorfgericht. Umstritten ist die Existenz eines Dietinger Ortsadels im Mittelalter. 1179, 1180 und 1187 wird als Zeuge für die Zähringer Heinrich von Dietingen erwähnt. Weitere Belege fehlen. Vom Ende des 13. Jahrhunderts bis ins 16. Jahrhundert taucht in Rottweil eine Familie »Dietinger« auf, die über größeren Besitz in der näheren Umgebung, nicht aber in Dietingen selbst verfügte. Die Burg Hohenstein auf der östlichen Hochfläche des Neckartals, erstmals 1271 genannt, war ursprünglich entweder im Besitz der Grafen von Sulz oder der Herzöge von Urslingen. Später war die Burg im Besitz des Geschlechts von Rüti und ging, gemeinsam mit Dietingen an die Stadt Rottweil über. Im 17. und 18. Jahrhundert war sie im Besitz Rottweiler Bürger, seit 1839 samt Hofgut Eigentum der Grafen von Bissingen-Nippenburg. 1923 wurde das neue Schloss erbaut, 1975 als unbewegliches Kulturdenkmal ins Denkmalbuch eingetragen, 1977 an den Wohnungsbauunternehmer Arnulf Gutheil verkauft. Das Hofgut Tierstein südwestlich von Dietingen an einem steilen, felsigen Neckarabhang, gehörte zu einer im 12. Jahrhundert hier stehenden Fliehburg. Aus dem Besitz der Familie Rüti kam es in die Hände der Familien von Neuneck und Hohenberg, später zu Rottweil. Nach der Zerstörung 1631 durch die Schweden wurde es wieder aufgebaut, die neue Kapelle aber Anfang des 19. Jahrhunderts abgebrochen. Bis 1848 war es in österreichischem Besitz, danach in privater Hand. Dietingen gehörte zum Obervogteiamt der Stadt Rottweil. 1803 fiel es an Württemberg, Stadtoberamt Rottweil, 1806/08 Oberamt Rottweil. |
Wirtschaft und Bevölkerung: | Die Bevölkerung bestand aus Bauern und Taglöhnern. Die Bauern nahmen dabei kaum ein Drittel ein, hatten aber mitunter sehr große Höfe, in der Regel nicht unter 50 Jauchert Acker. Der größte Bauer besaß 1737 über 238 Jauchert, sieben weitere Bauern verfügten über 100 Jauchert, zehn Bauern über 50–100 Jauchert, die 23 Taglöhner hatten weniger als einen Jauchert Landbesitz. Nach 1783 wurden auch die Taglöhner zu Fronfuhren für die Reichsstadt herangezogen. 1611 fielen der großen Pest 45 Erwachsene und 37 Kinder zum Opfer. Trotzdem zählte 1615 die Dietinger Bevölkerung 53 Wehrpflichtige (circa 225 Einwohner). Einen herben Einbruch brachte der 30jährige Krieg. Zwischen 1632 und 1634 starben, noch vor der großen Pestwelle von 1635, 125 Erwachsene. 1675 wurden nur noch 28 Wehrpflichtige in Dietingen gezählt. Zwischen 1659 und 1700 erfolgte eine starke Zuwanderung. 1737 werden 76 Besitzer von Grund und Boden aufgeführt, 1782 waren es 90. 1802 wurden in Dietingen 128 Steuerzahler (circa 540 Einwohner) gezählt. Wirtschaftlich scheint bereits im Mittelalter der reiche Waldbestand besonders bedeutend gewesen zu sein. Eine Rolle spielte unter anderem die Flößerei nach Sulz. Dem Erwerb dienten außerdem Viehzucht und Getreideanbau. Handwerk war den Untertanen der Rottweiler Landschaft untersagt. Erst 1698 erhielt Dietingen nach Streitigkeiten mit der Stadt durch eine kaiserliche Kommission einen Schneider. Wirtschaften und Mühlen (Getreidemühle im Wettebachtal, Ölmühle im Ort) waren von Reglementierung ausgenommen, doch mussten die Wirte der Stadt Anerkennungszinsen sowie eine Getränkesteuer (Umgeld) bezahlen. Im 18. Jahrhundert genehmigte Rottweil weitere Handwerker. Langanhaltende Streitigkeiten um die Dietinger Allmende gab es mit der Reichsstadt im ausgehenden 17. und beginnenden 18. Jahrhundert. |