Zum Tode verurteilt
Von Laëtitia Brasseur-Wild
Alfred Meyer
Spion
23.5.1877 – 13.9.1915
„Ich bereue auf‘s tiefste meine Schuld. Ich erflehe Eurer Majestät allmächtige Gnade für mein Leben mit Rücksicht auf meine unschuldige Frau und meine drei unmündigen Kinder und meine 70 jährige gebrechliche Mutter.“
(Telegramm an Kaiser Wilhelm II., Mülhausen, 3. September 1915)
Als Mit-Geschäftsführer einer Transportfirma in Mülhausen arbeiteten Alfred Meyer und sein Partner Schauenberg für die Militärverwaltung und organisierten den Transport diverser Waren. Durch seine häufigen Reisen und seine Zugehörigkeit zu einem frankophonen bzw. frankophilen Kreis machte er sich rasch verdächtig und wurde am 28. März 1915 wegen Spionage in Lörrach verhaftet. Bei ihm wurde ein explizit deutschfeindlicher Brief gefunden, den er über die Schweiz nach Paris weiterleiten sollte. Dazu kam ein Flakon mit verdächtigem Inhalt, der mittels einer Notiz seines Neffen, eines Chemikers, identifiziert werden konnte: Es handelte sich um eine Geheimtinte und eine Gebrauchsanweisung. Eine Liste der Bestandteile für ein zweites Rezept war beigefügt. Bei der Hausdurchsuchung fanden die deutschen Behörden zwei Notizhefte bzw. Kalender, in die Meyer seine Aufenthaltsorte, die Namen seiner Kontaktpersonen und vor allem seine Eindrücke von den Kämpfen, deren Schlachtenlärm er gehört hatte, genau notiert hat. Auch tauchten Informationen, natürlich chiffriert, über die deutschen Truppenbewegungen auf. Während seiner Untersuchungshaft in Lörrach versuchte Meyer den Gefängniswärter zu ermorden, um entfliehen zu können. Am 2. August 1915 wurde er wegen Verrats und Spionage zunächst zu lebenslanger Haft verurteilt, was aber ein Monat später in die Todesstrafe umgewandelt wurde. Trotz seines per Telegramm an den Kaiser übermittelten Gnadengesuchs wurde er am 13. September 1915 in Mülhausen erschossen. Die französische Regierung verlieh ihm 1916 posthum die Auszeichnung des Croix de Guerre.