Ganzenmüller, Erich 

Geburtsdatum/-ort: 05.01.1914;  Stuttgart
Sterbedatum/-ort: 24.08.1983;  Schwäbisch Gmünd
Beruf/Funktion:
  • Musikpädagoge, MdL-CDU, Landtagspräsident
Kurzbiografie:

19271933 Lehrerseminar Klassen I–VI

19331935 I. Staatsexamen für Volksschullehrer, dann Besuch der Staatlichen Hochschule für Musik in Stuttgart

19331936 theoretische Ausbildung, gleichzeitig bis 1934 Schulamtsbewerber, dann Amtsverweser im Volksschul-, ab 1936 im Gewerbeschuldienst

19381945 bis 1943 „unständiger“, dann planmäßiger Lehrer

19391945 Teilnahme am II. Weltkrieg, III. Batterie – Reserve-Flak- Abteilung 252 , zeitweise im Südabschnitt der Ostfront eingesetzt; zuletzt Oberleutnant

19451947 nach kurzer Kriegsgefangenschaft Suspendierung auf Anordnung der Militärregierung

19471950 wieder Lehrer, dann Abordnung an die Lehrerbildungsanstalt Schwäbisch Gmünd

1948 II. Staatsexamen

19501951 Oberschullehrer an der Staatl. Oberschule mit Heim in Schwäbisch Gmünd

19511977 Professor am Pädagogischen Institut, später PH, Schwäbisch Gmünd

19561976 Stadtrat in Schwäbisch Gmünd, zwischen 1957 und 1973 Vorsitzender der CDU-Fraktion

19601980 MdL

19601964 Stellvertretender Vorsitzender des Bücherei-Ausschusses des Landtags

19681972 Vorsitzender der CDU-Landtagsfraktion

19721980 Vizepräsident des Landtags und Vorsitzender des Kulturpolitischen Ausschusses bis 1976, dann Landtagspräsident und Vorsitzender der Bau-, Diäten- und der EDV-Kommission

Weitere Angaben zur Person: Religion: römisch-katholisch
Auszeichnungen: Ehrungen: Bundesverdienstkreuz I. Klasse (1972); Goldener Ehrenring der Stadt Schwäbisch Gmünd (1976); Großes Verdienstkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland (1976); Ehrenbürger der Stadt Neresheim (1977); THW Ehrenzeichen in Gold (1978); Verdienstmedaille des Landes Baden-Württemberg (1978); Stern zum großen Verdienstkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland (1979); Ehrenbürger der PH Schwäbisch Gmünd (1979); Großes Verdienstkreuz mit Stern und Schulterband (1980); Ehrenbürger der Stadt Schwäbisch Gmünd (1981); Dirigentennadel des Schwäbischen Sängerbundes; Goldene Verdienstmedaille des deutschen Volksmusikerbundes.
Verheiratet:

1940 (Stuttgart) Anne, geb. Rapp


Eltern:

Vater: Franz Josef (1886–1978), Hilfsarbeiter

Mutter: Maria, geb. Fröhlich


Kinder:

4; Inge, Helmut, Klaus und Rose

GND-ID: GND/1012378462

Biografie: Michael Kitzing (Autor)
Aus: Baden-Württembergische Biographien 7 (2019), 155-159

An den Besuch der Oberrealschule in Esslingen schloss sich zwischen 1927 und 1933 Ganzenmüllers sechsjährige Ausbildung am Lehrerseminar mit dem I. Staatsexamen an. Danach bildete er sich an der Staatlichen Hochschule für Musik fort und hatte erste Stellungen als Stellvertreter bzw. Amtsverweser im Volksschuldienst, dann im Gewerbeschuldienst inne.

Mit der Einberufung in den II. Weltkrieg wurde seine Berufstätigkeit unterbrochen und nach kurzer Kriegsgefangenschaft war Ganzenmüller wegen seines Spruchkammerverfahrens zunächst vom Dienst suspendiert. Eine Spruchkammerakte ist jedoch im StA Ludwigsburg nicht überliefert, so dass sich keine Angaben über den Verlauf des Verfahrens machen lassen. Ganzenmüller war nach der Zentralkartei der NSDAP nicht Parteimitglied. Die relativ lange Dauer des Verfahrens und die Einstufung als „Mitläufer“ könnten u. U. mit seiner Mitgliedschaft im NS-Lehrerbund vom 24.10.1933, Nr. 181 092, und mit seinem Offiziersrang zu erklären sein. 1947 kehrte Ganzenmüller in den Schuldienst zurück.

Ab 1951 hatte Ganzenmüller eine Anstellung als Oberschullehrer am Pädagogischen Institut Schwäbisch Gmünd, später als Professor an der Pädagogischen Hochschule.

Die Anfänge von Ganzenmüllers öffentlichem Wirken zeigen soziales und kulturelles Engagement in Schwäbisch Gmünd, seit 1952 besonders in der Kolpingfamilie. Gleichzeitig trat er als Leiter zahlreicher Chöre und Gesangsvereine hervor. 1956 wurde er Gemeinderat, vier Jahre später Landtagsabgeordneter. Ganzenmüller hat sich intensiv für die Restauration des Predigers engagiert, des ehemaligen Dominikanerklosters in Schwäbisch Gmünd, die von 1969 bis 1973 geschah. Für über 10 Mio. DM entstand damals ein Kulturzentrum, in dem u. a. die Stadtbücherei und das Städtische Museum im Prediger, bis 2006 auch die Volkshochschule untergebracht waren. Außerdem werden die ehemalige Klosterkirche und das Refektorium für Veranstaltungen der Stadt genutzt.

Nicht ganz uneigennützig setzte Ganzenmüller sich für das Pädagogische Institut ein, woraus die PH wurde, deren Erweiterungen mit Neubauten auf dem Bettringer Hardt am Beginn der 1970er Jahre der Abgeordnete immer gefördert hat. Dagegen war Ganzenmüllers Versuch erfolglos, den Fortbestand des Landkreises Schwäbisch Gmünd über die Kreisreform hinaus zu sichern. Auf seine Initiative wurde dann aber der Regionalverband Ostwürttemberg in der Stadt angesiedelt.

Auch nach der Wahl zum Landtagspräsidenten stand die Vertretung kommunaler Belange Schwäbisch Gmünds im Fokus von Ganzenmüllers Tätigkeit, so im Herbst 1976, als Gerüchte über eine Tischvorlage im Kultusministerium umgingen, wonach eine Konzentration an den Pädagogischen Hochschulen erörtert wurde und die Realschullehrerausbildung an der PH Schwäbisch Gmünd enden solle. Das hätte für die PH den Verlust von knapp der Hälfte ihrer Studienplätze bedeutet. Ganzenmüller argumentierte, dass alle Fächer des Grund-, Haupt- und Realschulbereichs mit mindestens einem Lehrstuhl vertreten sein sollten. Er betonte immer wieder, wie wichtig eine angemessene Versorgung der Region Ost-Württemberg im tertiären Bildungsbereich sei und konnte so schließlich für den unveränderten Fortbestand der PH sorgen. Weiteres Anliegen Ganzenmüllers war ausgangs der 1970er Jahre der Bau einer Stadthalle, die er als kulturelle Notwendigkeit sah. Sie wurde 1980 bis 1984 realisiert.

Auch den Schwerpunkt seiner Landtagsarbeit bildeten die Bildungs- und Kulturpolitik. Im Finanzausschuss war er Berichterstatter für den Etat des Kultusministeriums und 1972 bis 1976 Vorsitzender des kulturpolitischen Ausschusses. Als Fraktionsvorsitzender der CDU sorgte Ganzenmüller dafür, dass 120 Mio. DM zur Verfügung gestellt wurden, um weitere Ausbildungsplätze für angehende Pädagogen zu schaffen. Ganzenmüller ist auch wiederholt mit Gedanken zur Reform von Studiengängen hervorgetreten, wobei seine konkreten Überlegungen auf eine optimierte Nutzung der räumlichen und personellen Ressourcen der Hochschulen im Land zielten und eine Verbesserung des Studienplatzangebotes. Bei der Vergabe von Studienplätzen sollten nach Ganzenmüller Landeskinder den Vorzug erhalten. Dadurch wollte er Druck auf die anderen Länder ausüben, ebenfalls in die Erweiterung ihres Studienangebotes zu investieren. Selbstverständlich galt den Musikhochschulen des Landes immer seine besondere Unterstützung. Ganzenmüller war Vorsitzender des Blasmusikverbandes Baden-Württemberg und ab 1978 auch der deutschen Blasmusikverbände.

Gleich mehrfach fiel Ganzenmüller aber auch durch deutlich polarisierende Äußerungen auf, womit er in die Landespresse geriet. Auf einer CDU-Veranstaltung in Bad Waldsee Ende November mutmaßte Ganzenmüller 1971, dass Willy Brandt (1913–1992) bei der Verleihung des Friedensnobelpreises manipulierend mitgewirkt habe und knüpfte daran eine recht polemische Wertung der SPD-Ostpolitik, deren Ziel es sei, „die Bundesrepublik verdammt nah an den anderen Block zu bringen“ (Stuttgarter Nachrichten vom 1.12.1971). Brandt wolle durch die Ostverträge der Sowjetunion ein Interventionsrecht bei Grenzveränderung der westeuropäischen Staaten einräumen. Kritik kam von der Jungen Union, auch Ministerpräsident Hans Filbinger (1913–2007) distanzierte sich von Ganzenmüllers Äußerungen. Die JU warf Ganzenmüller vor, durch verfehlte Wortwahl der berechtigten Kritik der CDU an Brandts Ostpolitik zu schaden. Ganzenmüller lenkte ein und versicherte, keine Diffamierung des Bundeskanzlers beabsichtigt zu haben. Die CDU-Landtagsfraktion stellte sich hinter ihren Vorsitzenden.

Im September 1976 geriet Ganzenmüller als Landtagspräsident in die Schlagzeilen. Im Frühsommer hatte die sozial-liberale Koalition die Abtreibung aus medizinischen, kriminologischen, eugenischen, also bei Schädigungen des Fötus, innerhalb der ersten zwölf Schwangerschaftswochen auch aus sozialen Gründen – familiären oder finanziellen Notlagen – legalisiert. Dass die kommunalen Krankenhausträger dabei nicht gehört worden waren, bezeichnete Ganzenmüller im Bundestagswahlkampf als „nicht demokratisch, sondern diktatorisch“ (Südwestpresse, Schwäbische Donauzeitung vom 6.10.1976), was er später rechtfertigte, er habe als Abgeordneter für die Krankenhausträger seines Kreises gesprochen, worauf der Ältestenrat des Landtages konzedierte, Ganzenmüller habe die Autorität des Bundesgesetzgebers nicht bezweifelt.

Zwar musste sich Ganzenmüller im Zusammenhang mit seiner Wahl zum Landtagspräsidenten die Frage gefallen lassen, ob er überhaupt in der Lage sei, moderierend zu wirken. Auch das ist ihm schnell gelungen. Selbst seine Kritiker, darunter sein Stellvertreter, der SPD-Abgeordnete Walter Krause bestätigten bei seinem Ausscheiden Ganzenmüllers „jederzeit faire Amtsführung“ und die erfolgreiche „Pflege des kollegialen Verhältnisses der Abgeordneten untereinander“ (Personengesch. Dokumentation des Landtags von Baden-Württemberg, Masch. Manuskript Erich Ganzenmüller vom 21.11.1983).

Inhaltlich bildete die bautechnische und rechtlich-organisatorische Parlamentsreform während der Amtszeit des Landtagspräsidenten Ganzenmüller ein Dauerthema. Beim Bezug des neuen Landtagsgebäudes 1961 war der Neubau den Zeitgenossen noch als überaus großzügig erschienen. Damals arbeiteten 36 Parlamentsmitarbeiter im Hause. Während der Präsidentschaft Ganzenmüllers waren es im Mai 1978 bereits 117. Nur die Mitglieder des Landtagspräsidiums, Fraktions- und Ausschussvorsitzende hatten noch ordentliche Arbeitszimmer, die übrigen Landtagsmitarbeiter waren fast alle in fensterlosen Kellerräumen untergebracht. Pressepolemiken, ob das Land sich eine regelrechte Gegenverwaltung zur Regierung leisten könne, konterte Ganzenmüller Der Sachverstand des Mitarbeiterstabes sei notwendig, um die Unabhängigkeit des Parlaments von der Regierung zu wahren, da den Abgeordneten ein immer größeres Spektrum an Einzelentscheidungen abverlangt werde, und bei Expertisen dürfe der Landtag nicht von der Kompetenz der Regierung abhängen. Um den Platzbedarf angemessen zu decken, war Ganzenmüller anfangs dafür eingetreten, Abgeordnete und Verwaltung im Rosengartenflügel des Neuen Schlosses unterzubringen. Dort jedoch saßen Mitarbeiter des Finanzministeriums. Im November 1978 fasste daraufhin der Landtag den Grundsatzbeschluss, einen Neubau auf der anderen Seite der Konrad-Adenauer-Straße zu errichten. Ein beschränkter Wettbewerb wurde ausgeschrieben und noch kurz vor dem Ende der Amtszeit Ganzenmüllers wurde der Entwurf von Rainer Zinsmeister und Giselher Scheffler ausgezeichnet. Beide führten den Neubau auch aus, dessen Durchführung im Oktober 1984 begann. Ganzenmüller lebte nicht mehr, als die Abgeordneten im Juni 1987 einzogen.

Ganzenmüller startete auch zahlreiche Reformbemühungen zur Straffung der Landtagsarbeit, stärkerem Kontakt zum Bürger und Wahrung der Landtagsinteressen gegenüber der Regierung; denn von der Landesregierung forderte er mehr Mitspracherechte, zumal in den Bereichen Bildung, Umwelt und Energieversorgung. Er wollte auch eine Landtagsbeteiligung bei der Entscheidung über Standorte von Kernkraftwerken. Die Landtagskompetenz sollte außerdem durch die Mitwirkung an Staatsverträgen gestärkt werden und der Landtag über das Abstimmungsverhalten der Bundesratsvertreter des Landes mitentscheiden dürfen. Ganzenmüller forderte schließlich für den Landtag Einsicht in die Protokolle der Ministerkonferenzen der Länder. Um all dem nachkommen zu können, wollte er die technische Ausstattung für sein Haus verbessern: Zugang zu elektronischen Datenbanken, die Schaffung einer Landtagsbibliothek und ein eigenes Referat für Öffentlichkeitsarbeit. Den Mitarbeiterstab der einzelnen Abgeordneten wollte er aber nicht weiter ausbauen; einen wissenschaftlichen Mitarbeiter und eine Schreibkraft für jeden Abgeordneten sah Ganzenmüller als überzogen an. Das verleite die Abgeordneten, über Gebühr zu delegieren und schwäche ihre Entscheidungskompetenz.

Ganzenmüllers Pläne zielten letztlich auf grundsätzliche Erneuerung der Parlamentsorganisation. In den vorangegangenen Legislaturperioden war die Zahl der Anfragen explodiert, der Landtag hatte eine Papierflut produziert, die weit über das hinausging, was in anderen Parlamenten anfiel. Hier sollten die Fraktionen mehr Selbstdisziplin entwickeln. Zum 1. August 1978 führte Ganzenmüller einen neuen, gestrafften Sitzungsplan ein. Er wollte die Redezeit kürzen. Abgeordnete sollten frei sprechen. Neue Gesetze wollte er künftig nur noch in zwei, statt drei Lesungen verabschieden; die Grundsatzdebatte sei auf die zweite Lesung zu beschränken. Große Anfragen sah Ganzenmüller für öffentliche Ausschusssitzungen vor und kleine sollten nicht mehr mündlich, sondern schriftlich beantwortet und nur bei ausdrücklichem Wunsch des fragenden Abgeordneten veröffentlicht werden. Diese neu strukturierte Tagesordnung sollte wichtige Punkte herausstellen und entsprechend behandeln. Um den Landtag stärker ins Bewusstsein der Bevölkerung zu rücken, forderte Ganzenmüller schließlich mehr Übertragungszeit von Parlamentsdebatten in Rundfunk und Fernsehen.

Die meisten dieser Vorschläge erwiesen sich jedoch bestenfalls als „idealtypisch“. Der „Schwarzwälder Bote“ hielt sogar entgegen, dass mehr Fernsehübertragungen und öffentliche Ausschusssitzungen die Weitschweifigkeit förderten und eher zu Profilierungsversuchen von Abgeordneten als zur Vertiefung der sachlichen Arbeit führten. Die Opposition kritisierte den geplanten Wegfall der dritten Gesetztelesung als Disziplinierungsversuch. So wurden in der Amtszeit Ganzenmüllers lediglich das Petitionsrecht neu geregelt und die Vergütung der Abgeordnetentätigkeit.

Schon 1976 hatte auf Bundesebene eine Neuordnung des Petitionsrechts stattgefunden. Die Zahl der Petitionen an den Stuttgarter Landtag war von 1972 bis 1976 von ca. 6 500 auf 11 500 angestiegen. Beiden Entwicklungen trug der Landtag Rechnung. Dem Petitionsausschuss wurde durch Einfügung von Artikel 35 a in die Landesverfassung Verfassungsrang zugebilligt und seine Befugnisse zur Überprüfung von Bitten und Beschwerden gesetzlich geregelt. „Dieses Gesetz räumt dem Petitionsausschuss […] die Rechte auf Amtshilfe, Auskunft, Zutritt zu den Einrichtungen des Landes, Anhörung der Petenten und der Auskunftspersonen sowie der Sachverständigen ein.“ (Weik, 1988, S. 99). Im Anschluss an dieses Gesetz wurde die Geschäftsordnung des Landtages geändert und dem Petitionsausschuss die Möglichkeit eröffnet, Parlamentsbeschlüsse im Sinne der Petitionen durchzusetzen.

Der Verabschiedung des Diätengesetzes vom 5. November 1975 war ein Urteil des Bundesverfassungsgerichtes vorausgegangen, das den Landtagen gesetzgeberische Maßnahmen abforderte. Nach dem Landesgesetz vom 1. Juni 1980 sollte jeder Abgeordnete eine steuerpflichtige Grundentschädigung von 4800 DM erhalten, ergänzt um steuerfreien Unkostenbeitrag von 1500 DM, Tagegeld von 800 DM im Monat und Reisekostenpauschale zwischen 400 und 1000 DM. Zusammen mit der Neuregelung der Diäten wurde die Altersversorgung der Abgeordneten neu gestaltet. Je nach Dauer der Parlamentszugehörigkeit lag sie nun zwischen 35% und 75% der Grundentschädigung, also zwischen 1680 und 3600 DM.

Unterstützt von der CDU-Fraktion legte Ganzenmüller bei der Ausarbeitung dieses Gesetzes Wert auf die Feststellung, dass es sich bei den Abgeordneten des baden-württembergischen Landtages um Teilzeitparlamentarier handle, die Politik nur nebenbei betrieben. Auch das sollte den Kontakt zwischen dem Bürger und einem noch in der Berufswelt stehenden Abgeordneten erleichtern.

Drei repräsentative Höhepunkte während der Amtszeit dieses Landtagspräsidenten ragen heraus: Im März 1977 wurde unter Ganzenmüllers Schirmherrschaft im Haus des Landtags die Ausstellung „25 Jahre Baden-Württemberg – Rückblick auf die Entstehung des Bundeslandes“ eröffnet, am 11. November 1978 in einer Festsitzung des Parlaments der 25. Wiederkehr der Verabschiedung der Landesverfassung gedacht und im Januar 1980 konnte Ganzenmüller Bundespräsident Karl Carstens (1914–1992) bei seinem Antrittsbesuch im Stuttgarter Landtag begrüßen.

Ganzenmüller wies seit 1978 Anzeichen eines schweren Herzleidens auf, so dass es fraglich war, ob er die Wahlperiode durchstehen würde. 1980 zog er sich aus der Politik zurück, nutzte aber die verbleibenden drei Jahre zur Gründung des Vereins ehemaliger Abgeordneter. Noch nicht 70-jährig verstarb er.

Quellen:

HStA Stuttgart EA 3/151 Bü 114, Personalakte Erich Ganzenmüller, J 191 Ganzenmüller, Erich, Zeitungsausschnittsammlung, LA 2/102, Handakten und Korrespondenzen der Landtagspräsidenten der 5.-7. Landtagsperiode Camill Wurz und Erich Ganzenmüller; personengeschichtliche Dokumentation des baden-württembergischen Landtags.

Nachweis: Bildnachweise: Foto ( o. J.) S. 151, StadtA Schwäbisch Gmünd, o. Signatur.

Literatur:

„Nobelpreis nur durch Beziehungen“, in: Südwest-Presse vom 30.11.1971; Heftige Kontroverse um Brandts Friedensnobelpreis, in: Acher- und Bühler-Bote vom 1.12.1971; Filbinger distanziert sich von Ganzenmüller, in: Stuttgarter Nachrichten vom 1.12.1971; Bestürzung über die Rede Ganzenmüllers, ebd.; Ganzenmüller steckt zurück, in: Esslinger Zeitung vom 3.12.1971; Gespanntes Koalitionsklima wegen Ganzenmüller, in: Ludwigsburger Kreiszeitung vom 3.12.1971; SPD will Stuttgarter Koalition nicht aufkündigen, in: Südkurier vom 4.12.1971; SPD boykottiert Ganzenmüller, in: Schwäbische Zeitung vom 4.12.1971; Der neue Landtagspräsident kam gestern nach Lahr, in: Lahrer Zeitung vom 15.6.1976; Ganzenmüller will gewisse Zuständigkeiten der Regierung in den Landtag verlagern, in: Schwäbische Zeitung vom 20.8.1976; Präsident des Landtags auf „Vor-Ort-Reise“ im Allgäu, ebd. vom 20.8.1976; PH Gmünd braucht einen Musikpavillon, in: Rems-Ztg. vom 26.8.1976; Entscheidung über Stadthallenneubau aktuell, in: Gmünder Tagespost vom 9.9.1976; Die Gmünder PH darf nicht geschwächt werden!, ebd. vom 9.9.1976; Notfalls alle Kampfmittel, in: Rems-Zeitung vom 9.9.1976; Krankenhausträger haben das Recht, Abtreibungen abzulehnen, in: Schwäbische Zeitung vom 11.9.1976; Präsidentenwort steht gegen Journalistenaussage, in: Schwäbische Zeitung vom 15.9.1976; Streit um Ganzenmüller Äußerungen, in: Rhein-Neckar-Zeitung vom 18.9.1976; „Seen-Strasse“ im Ostalbkreis vorgeschlagen, in: Rems-Zeitung vom 23.9.1976; Drei Mio. Mark für die PH, ebd. vom 28.09.1976; Ganzenmüller: Paragraph 218 muss respektiert werden, in: Stuttgarter Nachrichten vom 6.10.1976; Ganzenmüller-Affäre kommt jetzt vor den Landtag, in: Südwestpresse, Schwäbische Donauzeitung vom 6.10.1976; Der erste Ehrenring für Prof. Erich Ganzenmüller, in: Gmünder Tagespost vom 21.10.1976; Exzellenter Anwalt der Stadt Schwäbisch Gmünd, ebd. vom 22.10.1976; Sind 7000 Mark eine angemessene Bezahlung für einen Landtagsabgeordneten?, in: Schwäbische Zeitung vom 3.2.1977; Prof. Ganzenmüller wurde Präsident des Blasmusikverbandes, in: Schwäbische Zeitung vom 3.5.1977; Der Rosengartenflügel für die Abgeordneten?, in: Badische Neueste Nachrichten vom 4.8.1977; Demokratie braucht unabhängige Abgeordnete, in: Schwarzwälder Bote vom 9.5.1978; Der Landtag soll weniger reden und mehr entscheiden, ebd. vom 16.6.1978; Einstimmiger Vertrauensbeweis für Prof. Ganzenmüller, in: Gmünder Tagespost vom 16.10.1978; Erich Ganzenmüller wird 65. Der „Polterer“ hat sich Zügel angelegt, in: Rems-Zeitung vom 4.1.1979; Todesanzeige Erich Ganzenmüller, in: Gmünder Tagespost vom 26.08.1983; Maschinenschriftliches Manuskript Professor Erich Ganzenmüller vom 21.11.1983, hinterlegt in der personengeschichtlichen Dokumentation des Landtags von Baden-Württemberg; Paul Feuchte, Verfassungsgeschichte von Baden-Württemberg, 1983; Prof. Erich Ganzenmüller zum Gedenken, in: Ostalb-Einhorn, 1983, 334; Ernst Lämmle, Vom Kaiserreich über die Zeit der Weltkriege zur demokratischen Republik. II Schwäbisch Gmünd von 1945 bis 1972, in: StadtA Schwäbisch Gmünd (Hg.), Geschichte der Stadt Schwäbisch Gmünd, 1984, 461–554, 611–615; Josef Weik, Der Landtag von Baden-Württemberg und seine Abgeordneten von 1952 bis 1988, 1988; Auskunft Jana Blumberg, BA Berlin, vom 29.11.2017.

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