Müller, Paul Hermann 

Geburtsdatum/-ort: 18.08.1876; Hannover
Sterbedatum/-ort: 07.07.1964;  Karlsruhe
Beruf/Funktion:
  • Schauspieler
Kurzbiografie: 1890 Kaufmännische Lehre
1898 Kaufmännischer Korrespondent in Frankfurt/Main, daneben Schauspielunterricht
1903-1915 Engagements an den Theatern in Bad Harzburg/Eisenach, Stettin, Iserlohn, Hannover („Deutsches Theater“), Berlin („Kleines Theater“)
1915-1945 Großherzogliches Hoftheater bzw. Badisches Landestheater bzw. Badisches Staatstheater in Karlsruhe
1924 Staatsschauspieler
1949 Ehrenmitglied des Badischen Staatstheaters
Weitere Angaben zur Person: Religion: ev.-luth.
Verheiratet: 1911 Johanna Karolina Rosalie, geb. Röhle
Eltern: Vater: Hermann Anton Friedrich Müller (1843-1906), Kaufmann
Mutter: Johanna Wilhelmine, geb. Busse (1852-1898)
Kinder: 1
GND-ID: GND/117609560

Biografie: Horst Ferdinand (Autor)
Aus: Badische Biographien NF 3 (1990), 192-193

„Viele Künstler wurden in Karlsruhe gefeiert – Paul Müller wurde geliebt“ (Wehinger). 1931 wählten ihn, den Nichtbadener, die Leser einer Karlsruher Zeitung zum populärsten lebenden Bürger der Stadt, und alle Schichten der Bevölkerung akzeptierten ein der Karlsruher Zunge nicht geläufiges „preußisches“ Diminutiv für den beliebten Mimen: „Paulchen“. Von frühester Jugend an übte das Theater magische Anziehungskraft auf Müller aus. Den auf väterliches Drängen erlernten kaufmännischen Brotberuf sah er nur als lästigen Umweg auf der ihm vorherbestimmten Route zu den weltbedeutenden Brettern an. Aber erst der Siebenundzwanzigjährige erlangte das erste ersehnte Engagement – mit der stolzen Monatsgage von 50 Mark. Nach den berufsüblichen Lehrjahren in der Provinz gelang ihm 1913 der Sprung in das Zentrum der deutschen Schauspielkunst nach Berlin; bald aber war er von dem dortigen Serienbetrieb enttäuscht – ein einziges Stück wurde so lange gespielt, bis die Zuschauer ausblieben – und schlug sofort ein, als ihm eine Chance an dem angesehenen Karlsruher Hoftheater geboten wurde. Damit waren definitiv die Weichen für die fast fünfzig Jahre währende enge Bindung Müllers zur badischen Residenz gestellt; er wurde in einer einmaligen Weise zum Bestandteil des Lebens dieser Stadt. Sein staunenswertes Repertoire erstreckte sich vom Franz Moor und Wurm in den frühen Jahren bis zu den späteren Paraderollen des Schmierendirektors Striese und des Frosch, bis zum Bleichenwang und Zettel und bis zu Charleys Tante, um nur einige wenige von Hunderten von Rollen herauszugreifen. Auch Operetten- und selbst Opernaufführungen prägte er mit seinem komödiantischen Temperament („Verkaufte Braut“. „Hoffmanns Erzählungen“), mit dem Schritt zu halten seinen Bühnenpartnern oft nicht leicht fiel. Bis ins hohe Alter war Müller bei den verschiedensten Veranstaltungen von Vereinen etc. als Rezitator oder Conferencier – mit meist selbstverfertigten Texten – viel begehrt; aus dem NS-Rummel hielt er sich aber sorgfältig heraus. Daß ein so vielseitiger Darsteller seinen „Marktwert“ richtig zu taxieren wußte, geht aus seinen Gagenverhandlungen mit der Direktion des Theaters hervor; aber so verlockende Angebote von außerhalb auch kamen, er blieb Karlsruhe treu. In der Ernsthaftigkeit des künstlerischen Wollens traf er sich mit seinem berühmten Kollegen Albert Bassermann, mit dem er als Anfänger in Stettin auf der Bühne gestanden hatte; seine schauspielerische Zielsetzung formulierte der 82jährige Müller so: „Mir lag alles daran, nicht Rollen zu spielen, sondern ein Menschendarsteller zu werden.“ Auch schriftstellerisch hat er sich mit gewandter Feder betätigt; fein empfundene Gedichte mit geistvollen Reflexionen zeigen viel Gemüt und Herz, aber auch formale Könnerschaft. Am gültigsten hat sein Freund und Oberspielleiter während drei Jahrzehnten Felix Baumbach (1876-1966) Müllers Persönlichkeit beim Abschied gezeichnet: „Paul Müller – ein warmer Glanz umleuchtet diesen Namen. Denn er, der den Namen trug, barg echte Menschenliebe in seinem Herzen.“
Werke: Im Rampenlicht – und ohne Maske. Aus den Jugendjahren eines Schauspielers, in: BNN vom 4., 11., 18., 25.7., 1., 8.15., 22.8.1959); einige Gedichte hat F. J. Wehinger (s. u.) publiziert.
Nachweis: Bildnachweise: in BH 1977, 101, 103.

Literatur: Herbert Doerrschuck, Karlsruhe, so wie es war, Düsseldorf 1971; Lola Ervig, Bevor der Vorhang fiel. Ein Bilderbuch vom alten Theater am Schloßplatz, in: BNN 1973/ 74, P. M: 19.1.1974; Franz Josef Wehinger, P. Müller, Staatsschauspieler, in: BH 57, 1977 Heft 1, 101-106; Karlsruher Theatergeschichte. Vom Hoftheater zum Staatstheater. Bearbeitet von Günther Haass, Wilhelm Kappler, Bernhard Müller, Marie Salaba, Hansmartin Schwarzmaier, Karlsruhe 1982.
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