Löwenstein-Wertheim-Rosenberg, Alois Fürst zu
Geburtsdatum/-ort: | 15.09.1871; Kleinheubach/Unterfranken |
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Sterbedatum/-ort: | 25.01.1952; Bronnbach |
Beruf/Funktion: |
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Kurzbiografie: | 1885 Schüler im Jesuitenkolleg Feldkirch 1889 Abitur am deutschen Gymnasium in Prag; Jurastudium an der Karlsuniversität 1890 Wechsel an die Universität Freiburg i. Ue. 1895 Promotion bei J. Loerkens (Ist der Staat verpflichtet, Entschädigung zu leisten, wenn seine Richter in Ausübung der Justizhoheit schuldlos einem Unschuldigen Schaden zugefügt haben) zum Dr. jur. utr.; Reise nach England; Mitglied der Kammer der Standesherrn in Württemberg 1897 Mitglied der 1. Kammer des Großherzogtums Hessen 1898 Mitglied des Zentralkomitees der deutschen Katholikentage 1907-1918 MdR (Wahlkreis Daun/Eifel) 1909 Reichsrat der Krone Bayerns 1910 Mitglied der 1. Kammer in Baden 1914 Kriegsfreiwilliger 1915 Leutnant, dann Rittmeister à la suite; als Nachrichtenoffizier meist in Frankreich 1920 Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholikentage 1925 Dr. theol. h. c. (Münster) 1930 zeitweise, 1936 dauernde Verlegung des Wohnsitzes nach Haid/Bor (Böhmen) 1945 Ausweisung aus der Tschechoslowakei |
Weitere Angaben zur Person: | Religion: römisch-katholisch Auszeichnungen: Eisernes Kreuz I. Klasse Preußischer und Württembergischer Kronenorden Württembergischer Friedrichsorden St. Ludwigsorden (Parma) Nassauischer Hausorden Kleines und Großes Malteserkeuz Kreuz ‚Bene Merenti‘ I. Klasse (Vatikan) Großkreuz des päpstlichen St. Gregorius-Ordens und Pius-Orden Verheiratet: 1898 Josephine Gräfin Kinsky von Wchinitz und Tettau (1874-1946) Eltern: Karl Sophia (1837-1899), geb. Prinzessin von und zu Liechtenstein Geschwister: 2 Brüder, 6 Schwestern Kinder: 4 Söhne, darunter Karl, 5 Töchter |
GND-ID: | GND/118880330 |
Biografie
Biografie: | Volker Rödel (Autor) Aus: Baden-Württembergische Biographien 3 (2002), 224-225 Durch das Vorbild seines Vaters geprägt und sich dessen Bestrebungen für eine Stärkung des Katholizismus zu eigen machend, durchlief Löwenstein-Wertheim-Rosenberg als erster seines Hauses einen Bildungsgang mit akademischem Abschluß. Die qualifizierte, vielseitige Schulausbildung im Jesuitenkolleg formte den begabten und unter seinesgleichen wohlgelittenen Löwenstein-Wertheim-Rosenberg zu einem begeisterten Laienapostel und legte den Grund für eine achtbare Lebensleistung. Als Student der jungen kath. Universität Freiburg i. Ue. auch philosophische, historische und nationalökonomische Vorlesungen hörend, strebte er erfolgreich einen Abschluß in Rechtswissenschaft an. Eine längere Reise nach England, die auch dem Kennenlernen der wirtschaftlichen und sozialen. Verhältnisse in den Industrierevieren galt, schloß sich an. Obwohl Löwenstein-Wertheim-Rosenberg mit den Kaiserhäusern Österreichs und Deutschlands sowie einer ganzen Reihe bedeutender deutscher und europäischer Hochadelsgeschlechter verwandt war, trat er einer Karriere als Diplomat nicht näher. Statt dessen ersetzte er nach und nach seinen Vater in den ersten Kammern der vier deutschen Staaten, in denen die Familie begütert war. Während er an den Sitzungen in Stuttgart, Darmstadt und Karlsruhe nur ausnahmsweise teilnahm bzw. sich durch seinen Bruder Johannes vertreten ließ, entfaltete er als Reichsrat der Krone Bayerns zusammen mit Gleichgesinnten eine beachtliche Aktivität als Haupt einer katholischen Grundsätzen verpflichteten Gruppe. Die Verwaltung des Hausbesitzes übernahm er 1902. In die väterliche Tradition der Führerschaft im Laienkatholizismus gestellt, amtierte er bereits beim Katholikentag 1898 in Neisse als Vizepräsident und wurde ins Zentralkomitee aufgenommen. Seit 1905 hatte er die Präsidentschaft der Katholikentage inne, beginnend mit dem Tag in Straßburg, der ebenso wie der in Metz 1913 der besseren Einbindung der Katholiken des Elsaß und Lothringens ins Reich galt. Sein 1907 und wieder 1912 errungenes Mandat als Reichstagsabgeordneter des Zentrums stellte er ebenfalls in den Dienst der Aufgabe, den Katholiken im öffentlichen Leben Deutschlands mehr Geltung zu verschaffen. Das soziale Moment globalisierend, förderte Löwenstein-Wertheim-Rosenberg die Heidenmission durch Schaffung des Internationalen Instituts für missionswissenschaftliche Forschungen in Münster (1911), dessen Präsident er bis 1948 blieb; das einschlägige Publikationswesen förderte er nachhaltig. Der Deutschen Kolonialgesellschaft diente er seit 1913 als Ausschußmitglied und ein Jahr später als Präsident. Auch Ämter in den großen Missionswerken hatte er inne (1911 Zentralratsmitglied des Werks der Hl. Kindheit; 1932 Präsident des Werks der Glaubensbereitung). 1914 wandte er sich ohne großen Widerhall gegen die überzogene Kriegszielpropaganda der Rechtsparteien; schon zuvor hatte er die deutsche Außenpolitik als zu machtorientiert kritisiert. Diese Vorbehalte hinderten den Ungedienten jedoch nicht an der Meldung als Kriegsfreiwilliger, was ihn in Stabstätigkeiten zumeist in Frankreich brachte, das Erlebte in Distanz und sorgfaltiger Reflexion, jedoch nicht ohne Pragmatismus verarbeitend. Das Ende der Monarchie und die Infragestellung hochadligen Selbstverständnisses kompensierte er durch verstärktes Bemühen um die Sammlung des Katholizismus auf religiöser Grundlage und möglichst politikfern. Löwenstein-Wertheim-Rosenbergs Loyalität zur Weimarer Republik kann als lediglich verhalten gelten; mit vielen seiner Standesgenossen hoffte er auf eine Rückkehr der Monarchie und stand dem Liberalismus als einer Folge des Freimaurertums, als dessen jüngste Ausgeburt er übrigens den Sowjetkommunismus ansah, äußerst reserviert gegenüber. Ständestaatlichen, dabei im Hinblick auf den Adel durchaus pflichten- und leistungsbezogenen Prinzipien verpflichtet, vertrat er die Interessen seiner Standesgenossen als Präsident der Genossenschaft katholischer Edelleute in Bayern (1913-1948) und als Vorsitzender des Hauptausschusses katholischer Adelsvereine in Deutschland (1921-1933). Seine mit Abstand wichtigste Aktivität stellte jedoch die Tätigkeit als Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholikentage seit 1920 dar, in der er es kraft seiner integrativ wirkenden und diplomatisch klugen Persönlichkeit, mit katholischer Grundsatztreue und Propagierung einer geschlossenen Innerlichkeit verstand, die divergierenden Kräfte zusammenzuhalten. Schon 1931 stufte er die Nationalsozialisten ebenso wie die Kommunisten als Feinde des Christentums und als Gefahr für die verfassungsmäßige Ordnung ein. Das Zentralkomitee konnte unter dem NS-Regime öffentlich nicht mehr wirksam werden. Löwenstein-Wertheim-Rosenberg, wiewohl in kleinerem Rahmen weiter für die katholischen Sache tätig, wich 1936 auf seine böhmischen Besitzungen aus. 1945 von dort vertrieben und über das beschlagnahmte Stammschloß Kleinheubach nicht verfügend, gewährte er an seinem letzten Wohnort Bronnbach an der Tauber, Wohnsitz des Sohnes Karl, mitvertriebenen Sudetendeutschen und auch einigen Standesgenossen aus Ostmitteleuropa Aufenthalt. Mit dem von ihm vorbereiteten Katholikentag 1948 in Mainz konnte er dem deutschen Laienkatholizismus wieder einen neuen Anfang setzen. Löwenstein-Wertheim-Rosenbergs vom Beginn des Zweiten Kaiserreichs bis in die Bonner Republik reichendes, von tiefer Religiosität geprägtes Leben stellt ein eindrucksvolles Beispiel dar für Haltung und Sinngebung hochadliger Existenz in den politischen und gesellschaftlichen Umbruchzeiten des 20. Jahrhunderts. |
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Quellen: | Nachlaß im StA Wertheim |
Werke: | Große Männer unserer Tage: Georg Kardinal von Kopp, Köln (o. J.); ca. 30 Artikel in Zeitschriften und Zeitungen (besonders in: Schönere Zukunft/Das Neue Reich. Wochenschrift für Kultur, Politik und Volkswirtschaft; Der deutsche Weg) |
Nachweis: | Bildnachweise: StA Wertheim; Privatbesitz |
Literatur + Links
Literatur: | A. Friese, Alois Fürst zu Löwenstein, in: Lebensläufe aus Franken 6, 1960, 365-381; K. Buchheim, Ultramontanismus und Demokratie, 1963; H. Ehmer, in: NDB 15, 1987, 100; A. Steinmaus-Pollack, Das als katholische Aktion organisierte Laienapostolat, 1988; A. Dornheim, Kriegsfreiwilliger, aber Annexionsgegner – Alois Fürst zu Löwenstein-Wertheim-Rosenberg und seine Kriegsbriefe, in: Mentalitätsgeschichte im I. Weltkrieg, hg. von Gerhard Hirschfeld u. a., 1996 |
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