von Eiff, Wilhelm Karl 

Geburtsdatum/-ort: 11.09.1890;  Göppingen
Sterbedatum/-ort: 09.05.1943;  Stuttgart
Beruf/Funktion:
  • Glaskünstler
Kurzbiografie: 1897–1904 Oberrealschule Göppingen
1904–1911 Lehre als Glasgraveur bei der Württ. Metallwarenfabrik Filiale Göppingen
1908 Gesellenprüfung für Glasgravur
1910 Diplom für kunstgewerbliches Fachzeichnen
1911 Studienreise nach Oberitalien und Frankreich
1911–1912 Aufenthalt in Paris, Malereistudium an der Akademie der Künste
1913 Kunstgewerbeschule Wien
1913–1914 Kunstgewerbeschule Stuttgart
1914–1918 Wehrdienst als Kriegsfreiwilliger
1919–1921 Atelier in Stuttgart
1920 Erste Begegnung mit Rudolf Steiner, Mitgliedschaft in der anthroposophischen Gesellschaft
1921–1943 Lehrauftrag für Glas- und Edelsteinbearbeitung an der Kunstgewerbeschule Stuttgart in der neu gegründeten Abteilung für Glas- und Edelsteinbearbeitung
1926 Festanstellung als Prof.
1928 Gründung des „Vereins der Freunde künstlerischer Glas- und Edelsteinbearbeitung
1931–1943 Vorsitz des Fachausschusses IV für Glasveredelung der „Deutschen Glastechnischen Gesellschaft“
1937 Teilnahme an der Weltausstellung in Paris
Weitere Angaben zur Person: Religion: ev.
Auszeichnungen: Ehrungen: Grand Prix für künstlerische Glas- und Edelsteinschnitte (1937); Aufnahme in die Preußische Akademie der Künste (1937)
Verheiratet: 1. 22.12.1917 Sophie Nathan, Tochter eines Ulmer Brauereibesitzers, 1938 geschieden
2. 9.5.1943 Catharina Bosch-Möckel, Geigerin
Eltern: Vater: Georg Wilhelm Eiff (1859–1915), Eisengiesser
Mutter: Bertha, geb. Kinkel (1865–1929)
Geschwister: 4
Kinder: 2: Tilde, Christophorus
GND-ID: GND/118974068

Biografie: Bernhard Theil (Autor)
Aus: Württembergische Biographien 3 (2017), 48-50

„Glas ist der Erde Stolz und Glück“ – dieses Motto aus Uhlands Gedicht „Werkspruch“ wählte Maria Schüly 1989 für ihre Ausstellung über das Werk Wilhelm von Eiffs und seiner Schule; sie stellt die bisher neueste und vollständigste Dokumentation über das Werk Wilhelm von Eiffs dar. Eiff hat diesen Spruch verwendet als Schlusswort seines anlässlich der Preisverleihung von 1937 in Paris gehaltenen Vortrags; auch sonst hat er diesen Vers vor allem in seinen späteren Lebensjahren immer wieder zitiert.
Die Behandlung von Glas, seine Veredelung und künstlerische Bearbeitung bestimmt in der Tat das Leben des ursprünglich aus einer verarmten hessischen Adelsfamilie stammenden Wilhelm von Eiff, der schon durch seinen Vater, der als Modelleur in der Göppinger Filiale der Württembergischen Metallwarenfabrik arbeitet, mit Glas als Werkstoff in Berührung kommt. Er zählt neben Wilhelm Wagenfeld, Bruno Mauder und Richard Süssmuth zu den bedeutendsten Glaskünstlern der Zeit zwischen den Weltkriegen. Im Unterschied vor allem zu Wagenfeld, aber auch zu Mauder, die stark an industrielle Formen anknüpfen und die Nützlichkeit, Zweckmässigkeit und klare Linien bei der Bearbeitung von Glas herausstellen, geht es von Eiff in erster Linie um gegenständliche Darstellungen, überhöht durch Symbolik und Phantasie. Seine spezielle Begabung lag in der Technik der Hoch- und Tiefschnitte und der Goldradierungen, für die er neue Methoden entwickelt, vor allem die Bearbeitung mit der biegsamen Welle, einem „Handmotor mit auswechselbaren Schleifkörpern“ (Schüly). Neben der kunstvollen Gestaltung von Gläsern ist es auch die Bearbeitung von Steinen – Edelsteine und Halbedelsteine – die seinen Ruf begründen. Zunächst vor allem als Porträtschneider hervorgetreten, fertigt er bald auch Vasen, Schmuckgläser, Plaketten, Kassetten, Schmuck und vieles andere, das er mit symbolischen Figuren und Ornamenten versah, bei denen anthroposophische Gedanken und Bildinhalte eine besonders wichtige Rolle spielen – Akte, Tiere, Kinder, Putten und Sternbilder als Glücksbringer und Symbole der Sehnsucht nach Harmonie. So entwickelt von Eiff, der zunächst während seines Aufenthalts in Paris mit dem Jugendstil in Berührung kam, einen ganz eigenen Stil, der, wenn man einmal von seinen Schülern absieht, einzigartig bleibt. Seine Arbeiten als Glas- und Edelsteinschneider sind immer auch begleitet von literarischer, vor allem lyrischer Betätigung, bei der unter anderem die Farbenlehre Goethes eine wichtige Rolle spielt, dessen Streben nach Vollkommenheit ihm Verpflichtung ist. Auch christliche Themen spielen – im freien Sinne, ohne konfessionelle Festlegung – eine bemerkenswerte Rolle. Kunst und Religion gehören für von Eiff untrennbar zu einander.
Entscheidend für seine künstlerische Entwicklung wird besonders Gustav Pazaurek, von 1906 bis zu seinem Tod im Jahre 1935 Direktor des Stuttgarter Landesgewerbemuseums. Er begegnet von Eiff erstmals 1912 anlässlich einer Bewerbung um ein Reisestipendium und erkennt sofort seine außerordentliche Begabung, wobei er vor allem den figürlichen Hochschnitt hervorhebt, in dem es von Eiff schon früh zur Meisterschaft brachte. Pazaurek ist es wohl auch, der bei seiner Berufung an die Stuttgarter Kunstgewerbeschule seinen Einfluss geltend gemacht hat. Er rühmt von Eiff schon 1920 in einem Artikel in bemerkenswerter Weise. In späteren Jahren ermuntert er ihn schließlich, sich bei den Größen des Nationalsozialismus um Förderung zu bemühen. Ins besondere nimmt von Eiff Kontakt zu Hermann Göring auf, der schließlich sogar zu einem kurzen Besuch in die Kunstgewerbeschule kommt. Von Eiff erhält in dieser Zeit eine ganze Reihe von Großaufträgen für Fensterradierungen in öffentlichen Einrichtungen und Industriebetrieben – etwa auch für das Heeresarchiv Stuttgart. Seine Beziehungen zur Führung des Dritten Reiches und öffentliche Aufträge während dieser Jahre werfen natürlich die Frage nach seiner Einstellung zum Nationalsozialismus auf, die man wohl als ambivalent bezeichnen muss. Einerseits steht er als national denkender Mann, der sich 1914 als Kriegsfreiwilliger gemeldet hatte und sich immer als „Frontkämpfer“ bezeichnet, in seinem Denken durchaus den ganzheitlichen „Erneuerungsbestrebungen“ des Nationalsozialismus aufgeschlossen gegenüber – so veröffentlicht er 1937 einen Aufsatz unter dem Titel „Wehrwille – überall“, in dem es ihm um die „Veredelung“ soldatischer Tugenden und die Einbringung seiner künstlerischen Vorstellungen in den Geist der Zeit geht. Auch andere Äußerungen von Eiffs belegen dies. Andererseits wird er von nationalsozialistischer Seite aber auch als unzuverlässig eingestuft, sein soldatischer Geist in Zweifel gezogen. In seiner Funktion als Leiter der Ortsgruppe Stuttgart von „All people’s Association“ – einer 1930 in London gegründeten Vereinigung zur Förderung der internationalen Freundschaft – die er seit 1934 innehat, wird er beschuldigt, den Geist des Nationalsozialismus nicht entschieden genug vertreten zu haben, was ihn zum Rücktritt und Austritt veranlasst. Allerdings fügt er dem Austrittsschreiben noch einen Zusatz hinzu, in dem er um Bestätigung bittet, dass die gegen ihn erhobenen Vorwürfe, unbegründet seien. Die Scheidung von seiner jüdischen Frau erfolgt aber wohl kaum aus politischen Gründen, die Ehe scheint schon lange zerrüttet gewesen zu sein. Dafür spricht auch, dass von Eiff 1943 – wenige Stunden vor seinem unerwarteten Tod – noch einmal geheiratet hat.
Dass von Eiff nach 1945 mehr und mehr in Vergessenheit gerät, liegt wohl daran, dass nunmehr rationellere Techniken, Abstraktion und klare Linien in der Glasgestaltung dominierten. Seine Schüler hielten sein Andenken und seinen künstlerischen Stil noch eine Zeitlang aufrecht, an ihrer Spitze Nora Ortlieb, die 1950 – zu seinem sechzigsten Geburtstag – eine Gedächtnisausstellung in Stuttgart veranstaltete.
Quellen: StadtA Stuttgart, NL (2014).
Werke: (Auswahl) Umfangreiche Sammlungen von Glasarbeiten im Augustinermuseum Freiburg, dem Stadtmuseum Göppingen, dem Württembergischen Landesmuseum in Stuttgart; zahlreiche weitere Museen und Privatsammler; Auftragsarbeiten für Eingangshallen (v. a. Glasfenster); ausführliche Dokumentation im Katalog von Maria Schüly, Wilhelm von Eiff und seine Schule“, 1989; Zusammenstellung der Ausstellungsbeteiligungen bei Schüly, 1989, 97-100; Die Farbenlehre Newtons, Goethes und Ostwalds in der Auffassung des Künstlers, in: Glastechnische Berichte 12 (1934); Vortrag bei der Tagung der Deutschen Glastechnischen Gesellschaft in Berlin (1933), 77-84; Die Kunst im Dienste der Glasveredelung, in: Die Schaulade 10 (1934), 217-222; Die Entwicklung des künstlerischen Fensters im Rahmen der Kulturgeschichte, 1936, zahlreiche Vorträge, publiziert in „Glastechnische Berichte“ 1928 – 1937; vollständiges Verzeichnis der Vorträge und Schriften bei Schüly, 1989, 215-216.
Nachweis: Bildnachweise: NL Eiff (StadtA Stuttgart NL 2014 und FM 139/10); Schüly, 1989.

Literatur: (Auswahl) Gustav Pazaurek, Wilhelm von Eiff, der erste Glasschneider der Gegenwart, in: Schwäbisches Heimatbuch 1920, 24-30; ders., Wilhelm von Eiff, in: Kunstgläser der Gegenwart, 1925, 182-203; ders., Wilhelm von Eiff und sein Kreis, in: Deutsche Kunst und Dekoration 35 (1932), 294-302; Nora Ortlieb, Dem Glas- und Edelsteinschneider Wilhelm von Eiff zum Gedenken, 1950; dies., Wilhelm von Eiff, in: NDB 4 (1959), 389-390; Maria Schüly, „Glas ist der Erde Stolz und Glück“. Wilhelm von Eiff (1890 – 1943) und seine Schule, 1989 (Katalog der Ausstellung in Freiburg, Stuttgart und Immenhausen, mit Monographie und ausführlicher Bibliographie); Bernhard Theil, Wilhelm von Eiff und das Heeresarchiv Stuttgart, in: ZWLG 51 (1992), 461-467; Wilhelm von Eiff, in: Allgemeines Künstlerlexikon 32, 2002, 539.
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