Ortslage und Siedlung (bis 1970): | Der mittelalterliche Stadtkern liegt zwischen der Eschach und dem Hohen Berg (Wilhelmshöhe); gegen den Fluss bogenförmig (Untere Grabenstraße), auf der Bergseite geradlinig begrenzt. Von Süden nach Norden durchschneidet ihn die leicht geschwungene Hauptstraße, die früher zugleich als Markt diente (»Marktstraße«, der freie Platz zwischen Gänsbühl und Kornhaus entstand erst 1938 durch Hausabbruch). Sonst unregelmäßiger Straßengrundriss. An den Ausfallstraßen vor dem Oberen und Unteren Tor (beide abgebrochen 1812) jüngere Vorstädte; die vor dem Unteren Tor an der Stelle der älteren Siedlung Mittelhofen. Die katholische Stadtkirche Sankt Martin, als mittelalterliche »Leutkirche« des Gebiets einst Ausgangspunkt der Stadtentwicklung, steht an der höchsten Stelle des Stadtareals nahe der Südostecke. Evangelische Stadtkirche in der Mitte des gegen Westen gerichteten Bogens der Stadtmauer. Bahnbau und Bahnhofstraße 1872. Im 20. Jahrhundert zunächst Wachstumsspitzen an der Wangener und an der Memminger Straße. Nach dem 2. Weltkrieg große neue Wohngebiete zwischen der Memminger Straße und dem Unteren Stadtwald, an der Wurzacher Straße (Nibelsiedlung), zwischen der Wangener und der Herlazhofer Straße, östlich der Isnyer Straße, südlich der Kemptener Straße (Krählohsiedlung), östlich der Stadt (Repsweihersiedlung) sowie im Nordosten auf einem Rodungsgelände im Unteren Stadtwald mit mehreren Punkthochhäusern (Siedlung Pfingstweide). Gewerbegebiete an der Wurzacher und an der Wangener Straße, seit einigen Jahren auch an der Memminger Straße. |
Geschichte: | 766 (<a href="http://www.wubonline.de/?wub=63">Urkundenbuch der Abtei St. Gallen, zit. nach WUB online</a>), 788 in ipsa ecclesia nibulgauia, 827 in Nibalgauwe ad chirichun, 848 ad Liutchirichun, 860 ad publicam ecclesiam. Alemannische Funde beim Bahnbau nach Memmingen fraglich. 1951 wurde ein alemannisches Grab aus der Zeit um 400 in der Lindenstraße aufgedeckt. Leutkirch war alter Kirch- und Gerichtsort des Nibelgaus, der von den Udalrichingern durch Erbe an die Grafen von Bregenz und weiter an die Grafen von Montfort kam. Unter diesen entstand zwischen den Orten Ufhofen und Mittelhofen eine Marktsiedlung. 1239 »in villa que dicitur Liutkirche« und »in burgo Liukirch«. Um 1291 kaufte König Rudolf von Habsburg zusammen mit der Grafschaft Zeil auch Leutkirch von Graf Rudolf von Montfort. König Adolf von Nassau verlieh dem Ort 1293 das Recht der Stadt Lindau. Bis zur Mitte des 14. Jahrhunderts wurde Leutkirch mehrmals verpfändet. 1293 werden Bürger, 1295 wird ein Ammann (minister), 1311 der Rat, 1358 der erste Bürgermeister genannt. 1336 ausschließlich Zuständigkeit des Stadtgerichts für die Rechtssachen der Bürger. Seit Mitte des 14. Jahrhunderts Ratsgerichtsbarkeit. 1397 erhielt die Stadt das Besetzungsrecht des Ammannamtes, auf 6 Jahre konnte der Bürgermeister dem Ammann den Blutbann verleihen. Neben dem Rat gab es auch noch »die Zwanzig«, einen Ausschuss aus der Gemeinde, der wahrscheinlich je 5 Mitglieder aus den 4 Zünften umfasste. Er wurde um 1550 auf 10 Mitglieder verringert. Die 4 Zünfte bildeten die Weber, Bäcker, Schuhmacher (später Metzger) und Bauern, denen sich die anderen Handwerke anschließen mussten. Seit der Mitte des 16. Jahrhunderts setzte sich der Rat aus dem Amts- und dem Altbürgermeister, dem Ammann, 3 geheimen Räten und 9 Ratsherren zusammen. Der Ammann und 12 Richter bildeten das Gericht. Im 14. Jahrhundert Entwicklung zur Reichsstadt. Von 1347 bis 1454 war Leutkirch Mitglied im Schwäbischen Städtebund und ab 1487 im Schwäbischen Bund. Im Bauernkrieg verhielt sich die Stadt neutral. Im 30jährigen Krieg wurde sie 1632 von den Schweden eingenommen, Plünderung 1646. Wohl Mitte des 15. Jahrhunderts wurde das Landgericht auf Leutkircher Heide und in der Birs in die Stadt verlegt. Das Landgericht war ursprünglich nur für die Freien Leute auf Leutkircher Heide zuständig und um 1335 mit dem Birsgericht vereinigt worden. Dieses ist wohl aus dem Gericht der Landvogtei hervorgegangen. Landrichter waren seit der Gerichtszusammenlegung Freie der Leutkircher Heide. Die Beisitzer wurden in späterer Zeit aus der Bürgerschaft der Gerichtsorte genommen. Das Gericht hatte seine Bedeutung auf dem Gebiet der freiwilligen Gerichtsbarkeit. 1517 Verlegung nach Isny. 1802 kam die Stadt unter bayerische und 1810 unter württembergische Oberhoheit. Bis 1938 Oberamtsstadt, dann Landkreis Wangen. Amtliche Bezeichnung »Leutkirch im Allgäu« 1974. Von der Stadtbefestigung sind auf der Bergseite erhalten der Bockturm (1842 umgebaut, 1957 oberer Abschluss wieder in alter Form) und der kleinere Pulverturm in der Südostecke, dort auch Reste der Stadtmauer. Kornhaus 16. Jahrhundert. Rathausbau 1740. Neben dem Rathaus Kanzleigebäude von 1617. Schlösschen Hummelsberg 1636 von der Familie von Furtenbach erbaut, im 18. Jahrhundert erweitert, seit 1867 Lehr- und Pflegeanstalt, heute Kinderheim Sankt Anna. Gartenhaus um 1800 (heute Kapelle, 1969 instand gesetzt). Seit der Reformation gab es eine evangelische und eine katholische Volksschule. Latein- und Realschule 1817, Oberschule seit 1846, später Progymnasium, voll ausgebautes Gymnasium seit 1966. |