Johann Gottlieb Steeb, Von der Verbesserung der Kultur auf der Alp und den ihr aehnlichen Gegenden des Vaterlandes, 1792 [Quelle: UB Tübingen OpenDigi urn:nbn:de:bsz:21-dt-73844]

Johann Gottlieb Steeb, Von der Verbesserung der Kultur auf der Alp und den ihr aehnlichen Gegenden des Vaterlandes, 1792 [Quelle: UB Tübingen OpenDigi urn:nbn:de:bsz:21-dt-73844]

In vielen Dörfern gibt es alte Pfarrscheunen aus der Zeit, als den Pfarreien eine Landwirtschaft angeschlossen war. Die Geistlichen kamen direkt mit den Herausforderungen des bäuerlichen Alltags in Kontakt. Einige beschäftigen sich intensiver mit der Materie. Zu den bekanntesten gehört Johann Friedrich Mayer (1719-1798) im hohenlohischen Kupferzell. Er betrieb ein kleines Landgut, experimentierte mit Versuchen zur Ertragssteigerung und gab Empfehlungen für den Anbau neuer Kulturen. Sein Wissen fasste der „Apostel der Gipsdüngung“ anschaulich beschrieben in 37 Publikationen zusammen. Es war das Zeitalter der Aufklärung. Naturwissenschaften, rationale Methoden und der Mensch mit seinen Fähigkeiten rückten in den Fokus. Auch auf der sprichwörtlich rauen und armen Schwäbischen Alb gab es Bemühungen zur Verbesserung der Verhältnisse. Einer der ersten war Pfarrer Johann Maier (1641-1712) in Laichingen, der eine Karte der Albhochfläche anfertigte, die als Ausgangspunkt für weitere Vorhaben diente. Jeremias Höslin (1722-1789), Pfarrer in Suppingen und Böhringen, beschäftigte sich mit Wetterbeobachtungen und zog daraus Schlüsse für Saat und Ernte. Sein gleichnamiger Sohn (1752-1810) widmete sich der Bodenbeschaffenheit auf der Alb. Zu den Größen zählte Balthasar Sprenger (1724-1798), Hofprediger, Professor in Maulbronn und Prälat von Adelberg, der 1784 landwirtschaftlicher Assessor in Stuttgart wurde. Sein Schwerpunkt lag auf dem Weinbau und der Herstellung von Sekt.

Grundlagenarbeit für die nachfolgenden Generationen leistete der 1742 in Nürtingen geborene Johann Gottlieb Steeb, ein Vertreter der jüngeren Generation. Steeb schrieb sich in Tübingen für Biologie, Chemie, Astronomie und Mathematik ein, bevor er das dreijährige Hauptstudium in Theologie absolvierte. Während seiner ersten Stelle im Haus der Familie Gemmingen in Heilbronn fiel er durch pädagogische Fähigkeiten auf. Die erste Pfarrstelle führte nach Dürnau bei Göppingen, die zweite 1787 nach Grabenstetten auf der Alb. Es war ihm ein Anliegen, die Lebensverhältnisse insgesamt zu verbessern. Insbesondere Kinder und junge Leute sollten eine Schul- und Berufsausbildung bekommen, um Krisen abfangen zu können. Seine Vorschläge zielten auf alle Bereiche. Er war Kritiker des Zehnt- und ein Vordenker des Genossenschaftswesens, um über Kredite Innovationen zu ermöglichen. Sein besonderes Anliegen war ein Konzept für Kleedüngung, das den elementaren Problemen auf der Alb entgegentrat. Die spärlichen, wenig ertragreichen Flächen sollten durch den Gründünger Esparsette, eine Kleepflanze, verbessert werden. Mit dem Klee wurde die Umstellung auf Viehwirtschaft möglich, deren Dung die Böden weiter aufwertete. Bei der Umsetzung seiner Pläne sah Steeb die Landpfarrer in einer Schlüsselposition. Sie verfügten über Allgemeinwissen, Zugang zu Fachliteratur, überregionale Verbindungen und den Kontakt zu den Menschen. Doch nur allmählich ließen sich die Bauern überzeugen. Die Schrift „Ueber die Bildung eines Landwirths/nebst einer Einladung an die Liebhaber der Landwirthschaft im Vaterlande, einer Wirtembergischen landwirthschaftlichen Gesellschaft beizutretten“ erschien 1799. Steeb starb im selben Jahr in Grabenstetten. Viele seiner Anregungen wurden im Königreich Württemberg aufgegriffen und weiterentwickelt. Seiner Forderung nach einer landwirtschaftlichen Akademie gemäß Leipziger Vorbild entsprach 1818 die Gründung der Landwirtschaftlichen Versuchsanstalt in Hohenheim.

Den ausführlichen Text „Dung und Bildung. Pfarrer Johann Gottlieb Steeb (1742–1799) als landwirtschaftlicher Reformer“ von Wolfgang Schöllkopf finden Sie hier (s. URL)

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„und während dieses höllichen Gelärmes liest ein Magister […] die Predigt.“

Georges Cuviers Wanderung über die Schwäbische Alb – Tag 6

Am sechsten Tag der Wanderung kamen die jungen Männer um Georges Cuvier endlich nach Tübingen – und waren begeistert! Nachdem ihnen an der Hohen Carlsschule in Stuttgart jahrelang militärische Disziplin eingetrichtert worden war, konnten sie es nicht fassen, wie es im Speisesaal an der Tübinger Universität zuging: „Meine Herrn sitzen Sie! Sitzen Sie meine Herrn. Die Famuli nehmlich schreyen dies so lange bey jedem Tisch bis alles gesessen ist, welches wohl 10 Minuten dauert.“ Doch als die Studenten saßen, ging es erst so richtig los. Cuvier beschrieb genüsslich alle Details, um dann zu schließen: „und während dieses höllichen Gelärmes liest ein Magister in den Canzel die Predigt.“

Über Cuviers Schulter in diesen chaotischen Speisesaal zurückzublicken ist eine wahre Freude – und für alle, die es heute mit Teenagern zu tun haben, ein interessanter Vergleich: Offenbar hatte es „die Jugend von heute“ auch im Jahr 1788 schon faustdick hinter den Ohren…

Lesen Sie es hier schwarz auf weiß: Georges Cuviers Wanderung über die Schwäbische Alb – Tag 6.

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Der Bussen im Juni 2019 [Quelle Landauf, LandApp, Lizenz CC0]

Der Bussen im Juni 2019 [Quelle Landauf, LandApp, Lizenz CC0]

Der Bussen, auch als Heiliger Berg Oberschwabens bezeichnet, ist eine über 750 m hohe Erhebung bei Uttenweiler im Landkreis Biberach. Er liegt im ansonsten freien Gelände und ermöglicht weite Sicht ins Land und bis zu den Alpen. Seine kultische Bedeutung geht bis in die Zeit der Kelten und Germanen zurück. Mittlerweile haben sich Vermutungen bestätigt, dass zwischen dem Bussen und der nahen Heuneburg Beziehungen bestanden. In römischer Zeit führte eine Straßenverbindung von Straßburg nach Augsburg über den südlichen Fuß des Berges. Eine frühe Kirche ist für die Karolingerzeit belegt, ebenso eine Burg im Besitz eines Schwagers von Karl dem Großen. Im Lauf der Geschichte wechselte die Herrschaft mehrfach. Im 11. Jh. entstand die „Hintere Burg“ auf dem Berg als Adelssitz, mit dem eine Vogtei über die Besitzungen des Klosters Reichenau verbunden gewesen sein könnte. Außerdem bestanden zwei weitere Burgen, von denen nichts mehr erhalten ist. Ende des 13. Jh. kam der Besitz zu den Habsburgern, rund 100 Jahre später zum Haus Waldburg. Im Dreißigjährigen Krieg wurde die Burg durch schwedische Truppen zerstört. Ende des 18. Jh. ging die Herrschaft an das Haus Thurn und Taxis, danach übernahm das Königreich Württemberg.

Die heutige Kirche auf dem Bussen stammt ursprünglich aus dem frühen 16. Jh., wurde unter Wilhelm Freiherr von Waldburg-Trauchburg und seiner Ehefrau Sybilla errichtet und seitdem mehrfach verändert. Für die fertiggestellte Kirche stifteten die Waldburger das Gnadenbild der Schmerzhaften Muttergottes, das die Marienwallfahrt auf den Bussen begründete. Das ursprünglich gotische Gnadenbild wurde in den 1580er Jahren nach einem Brand ins Kloster Inzigkofen gebracht und durch eine ähnliche Darstellung ersetzt. Anlass für die Wallfahrt gaben früher oft widrige Ereignisse wie Krankheiten, Seuchen und Wetterereignisse. Bis heute wird insbesondere um Kinder und die Gesundheit der Kinder gebetet. Die seit den 1950er Jahren bestehende Männerwallfahrt an Pfingsten ist inzwischen eine Familienwallfahrt.

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„Es glich in der That der aller prächtigsten Illumination“

Georges Cuviers Wanderung über die Schwäbische Alb – Tag 5

Am fünften Tag der Wanderung jagte ein Höhepunkt den nächsten: Von Pfullingen aus bestiegen unsere Wanderer den Rossberg, den Georges Cuvier zu einem der besten Aussichtspunkte Württembergs erklärte. Dann ging es weiter zur Nebelhöhle. Cuvier hatte eigentlich keine hohe Meinung von Höhlen: „Für die Naturgeschichte haben sie nichts sehr wichtiges, aber sie werden doch am meistens von Reisenden besucht, weil man zu solchen versteckten Dingen bequem Wunder hindichten kann“. Dennoch staunte er, als sich immer größere unterirdische Räume auftaten: „die Strahlen der Fackeln und der Lichter wurden von allen Puncten dieser Kuppel zurück geworfen, und also tausendfach verfielfältigt. Es glich in der That der aller prächtigsten Illumination“.

In unserem heutigen Artikel erzählen wir Ihnen noch mehr über Cuviers Beobachtungen in der Nebelhöhle. Und Sie erfahren, wer damals das alte Schloss Lichtenstein bewohnte und warum er unbedingt ausziehen wollte. Außerdem regnete es natürlich schon wieder und Georges Cuvier stellte damals bereits Überlegungen zu der Frage an, warum in Württemberg häufig historische Münzen gefunden werden. Hier geht’s direkt zum Artikel: Georges Cuvier und seine Wanderung über die Schwäbische Alb – Tag 5. Wir wünschen viel Spaß bei der Lektüre!

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„der Abscheulichste aller Winde“

Georges Cuviers Wanderung über die Schwäbische Alb - Tag 4

Bis Münsingen hatten es unsere tapferen Wanderer um Georges Cuvier schon geschafft. Dann pustete am vierten Tag der Wanderung der Albwind richtig los: Für Cuvier war es „der Abscheulichste aller Winde die ich je empfunden“!

Kein Wunder, dass Cuvier an diesem Tag hauptsächlich darüber schrieb: Von Schloss Grafeneck habe man zwar eine schöne Aussicht, die Lage sei jedoch aufgrund des Windes „nichts weniger als angenehm“. Das Gestüt Marbach zeuge zwar vom hohen Stellenwert der Pferdezucht in Württemberg – es sei auf der Alb aber auch sehr gut aufgehoben, da Pferde ja ursprünglich aus den kalten Steppen Zentralasiens stammten.

Die Mittagspause an der Lauterquelle im Garten des ehemaligen Klosters Offenhausen, brachte ein wenig Erleichterung, da man dort geschützt war. Am Nachmittag ging es jedoch ungemütlich weiter: „Immer Albklima, Albäcker, Albbäume und öfters, als ich gewünscht hätte, Albwind.“

Erst der Abstieg von Holzelfingen ins Tal nach Pfullingen brachte eine klimatische Veränderung und Cuvier freute sich, als er blühende Bäume und Weinberge erspähte. Leider folgte bald ein heftiger Regenguss und Pfullingen schien unerreichbar. Als die jungen Männer jemanden fragten, wie weit es noch sei, lautete die Antwort: eine Viertelstunde. Doch als die Viertelstunde vorbei war und sie einen anderen Passanten fragten, hieß es wieder: Eine Viertelstunde. Und so weiter und so fort: „Es gieng dieser Stadt wie deren Feenschlößern, welche vor denen, die sie suchen, fliehen.“

Ob die Wanderer an diesem Abend Pfullingen noch erreichten? In unserem Artikel Georges Cuviers Wanderung über die Schwäbische Alb – Tag 4 erfahren Sie es – und Sie können nachlesen wie einfallsreich Cuvier den ganzen Tag über den Albwind schimpfte. Wir wünschen viel Spaß bei der Lektüre!

Bild: Der raue Albwind unter Schloss Grafeneck, Zeichnung von Georges Cuvier, 1788 [Quelle: Bibliothèque de l’Institut, Ms 3312: Papiers et correspondance du baron Georges Cuvier. Planches relatives à un voyage à pied fait dans les Alpes würtembergeoises du 20 au 28 avril 1788 par Cuvier, Copyright: ©Bibliothèque de l’Institut de France]

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