Ortslage und Siedlung (bis 1970): | In der breiten, nach Nordwesten leicht ansteigenden Talebene der Würm liegen die älteren Ortsteile links des Flüßchens. Weil der Stadt bietet eines der altertümlichsten Stadtbilder Württembergs, das sich weniger durch hervorragende Einzelbauten als durch Geschlossenheit auszeichnet. Die älteste Stadtanlage hat Rechteckform mit gitterförmigem Straßennetz und zwei sich auf dem rechteckigen Marktplatz rechtwinklig treffenden Straßen, den mittelalterlichen Fernstraßen. Im eng gedrängten Stadtkern sind zahlreiche Fachwerk- und Renaissancehäuser erhalten. Gegen die neueren Wohnviertel, die sich namentlich im Westen und Osten an den Talhängen ansteigend sowie um den Bahnhof im Norden bildeten, wurde der alte Stadtkern so weit wie möglich durch Grünanlagen abgesetzt. Die neuen Wohnbezirke finden sich an Josef-Haidler-Straße (1954), Max-Caspar-Straße (1960), Josef-Anton-Gall-Straße (1961), im Gebiet Heinrichsberg-Steinhöwelstraße (1960/71), Eselspfad (1960/68), Schießrain (1961/71), »Heugern« (1971), »Wirschig-Waidenberg« (1972/74) und Znaimer Straße (1975). Industrie ließ sich im Norden nahe von Bahnhof und Straße nach Merklingen nieder. |
Geschichte: | 11. Jahrhundert (Überlieferung 16. Jahrhundert) und 1075 Wile, 1334 in Wile zu der Stadt, daneben Weil bis ins 19. Jahrhundert, seit 1854 heutige Schreibweise amtlich. Sicher Siedlung der Merowingerzeit; weit über 50 Gräber der alemannischen und fränkischen Zeit in einem großen westlich der Stadt und in sie hineinziehenden Gräberfeld festgestellt. Um 1060 erhielt Kloster Hirsau von Graf Adalbert von Calw, Bertold von Stauffenberg und anderen sehr reichen Besitz. Das calwische Dorf Weil, unmittelbar südlich der späteren Stadt und teilweise wohl in den späteren Mauerring einbezogen, kam um 1132 an die Welfen und wahrscheinlich 1191 an die Staufer. Nach Weil der Stadt nannte sich eine Adelsfamilie, wohl eines Stammes mit den von Kröwelsau, die im 14. Jahrhundert mehrfach bezeugt ist. Die Gründung der rechteckig angelegten Stadt durch die Staufer erfolgte wohl zwischen 1223 und 1235, sicher vor 1241. Nach Südwesten Furter Vorstadt (1431), nach Osten Renninger Vorstadt (1445), 1534 auch Spitalvorstadt genannt. Stadtbefestigung mit Gräben, hohen Rundtürmen und Toren noch weitgehend erhalten. Die schönsten Fachwerk- und Renaissancehäuser stehen zwischen Spitalvorstadt und Marktplatz. An diesem das Alte Rathaus, ein spätmittelalterliches Steinhaus (einstiger Adelssitz) und das Neue von 1665 mit Rundbogenlaube. Unweit von Keplers Geburtshaus dessen Denkmal, ferner zwei Marktbrunnen, der von 1537 mit Standbild Karls V. Bemerkenswert die Hirsauer Kellerei, der Bebenhäuser Hof und der Herrenalber Pfleghof (Gasthaus zum Hirsch). Wohl um 1275 wurde Weil der Stadt Reichsstadt. Die bedrohte Reichsfreiheit konnte trotz Verpfändung 1376/78 an Württemberg behauptet werden. Karl IV. verlieh 1373 eigene Gerichtsbarkeit, König Wenzel 1398 Vogtei und Blutbann und verpfändete der Stadt 1403 das Schultheißenamt. Weil der Stadt war seit 1376 Mitglied des Schwäbischen Städtebunds (in der Schlacht bei Döffingen 1388 fielen 66 Bürger) und im 14. Jahrhundert an den innerschwäbischen Städtebündnissen beteiligt. Bei der kleinen Reichsstadt war die Territorienbildung über Ansätze nicht hinausgekommen. Die Vogtei über Ihingen (Gemeinde Renningen), 1649 verkauft, war nur württembergisches Lehen und in Möttlingen (Gemeinde Bad Liebenzell Landkreis Calw), das die Stadt 1387 zur Hälfte erwarb, konnte man sich gegen Württemberg als Mitbesitzer nicht durchsetzen. Im 14. Jahrhundert stand Weil der Stadt unter pfälzischem, seit Mitte 15. Jahrhundert unter badischem Schutz. Da seit dem 14. Jahrhundert immer mehr von württembergischen Gebiet umschlossen, stellte sich Weil der Stadt im frühen 16. Jahrhundert zeitweise unter württembergischen Schutz. Der Sieg der Gegenreformation in Weil der Stadt verschärfte die Spannungen und veranlasste Württemberg öfters zu politischen und wirtschaftlichen Repressalien. Schultheiß und Schöffen, seit 1275 bezeugt, aber sicher früher, wurden im 14. Jahrhundert durch Bürgermeister und Rat, den Magistrat, ersetzt, der Schultheiß auf den Vorsitz des Stadtgerichts abgedrängt. Die seit dem 16. Jahrhundert häufigen Streitigkeiten zwischen Magistrat und Bürgerschaft führten zur Schaffung eines beratenden Bürgerausschusses und zu mehrmaligem Eingreifen kaiserlicher Kommissionen; die daraus resultierende Stadtordnung von 1687 wurde 1754, 1776 und 1795 reformiert. Kurz vor Kriegsende 1648 wurde die Stadt von den Franzosen erobert und brannte fast völlig ab. Durch den Frieden von Luneville fiel Weil der Stadt 1802 an Württemberg; es war zunächst Sitz eines Stabs-, dann Oberamts und gehörte seit 1808 zum Oberamt, seit 1938 Landkreis Leonberg. Personen: Lukas Moser, um 1400, Maler. Heinrich Steinhöwel, 1412-1482, Arzt, Humanist und Übersetzer. Paul Scriptoris, um 1450-1505, Dozent der Theologie, Philosophie und Mathematik in Tübingen. Johannes Brenz, 1499-1570, Reformator. Johannes Kepler, 1571-1630, Astronom. Joseph Anton Gall, 1748-1807, Bischof von Linz. Anton Beyerle, 1824-1886, Reichsgerichtspräsident. |