Fehr, Friedrich Eduard 

Geburtsdatum/-ort: 24.05.1862; Werneck, Unterfranken
Sterbedatum/-ort: 26.09.1927;  Polling, bestattet auf dem Friedhof der Stiftskirche Polling
Beruf/Funktion:
  • Maler und Graphiker
Kurzbiografie: Realgymnasium Würzburg
1878–1884 Kunstakademie München bei Alexander Strähuber (1814 –1882), Gyula Benczur (1844 –1920) u. Ludwig von Löfftz (1845–1910)
1885–1890 Italienaufenthalt
1890–1899 Dozent an einer privaten Malschule in München
1899–1923 Professur (Malklasse) an d. Bad. Landeskunstschule Karlsruhe; Vorsitzender des Vereins bildender Künstler Karlsruhe
1904 –1919 Leiter d. Klasse für figürliche Malerei an d. Karlsruher Malerinnenschule
1924 Übersiedlung nach Polling
Weitere Angaben zur Person: Religion: rk.
Verheiratet: 1897 Berta, geb. Steinberg, verw. Roloff (1868–1957)
Eltern: Vater: Kaspar, Notar
Mutter: Anna, geb. Schmidt
Geschwister: 6; Michael Felix Arminius (* 1858), Margareth Hedwig (* 1859), Josepha Hermine Kunigunde (1862–1863), Gregor (1863–1865), Bertha Kunigunde Franziska (* 1865) u. Helena Sabine Emma (* 1866)
Kinder: keine
GND-ID: GND/117731730

Biografie: Clemens Ottnad (Autor)
Aus: Badische Biographien NF 6 (2011), S. 106-108

Mit dem Eintritt in die Kunstakademie durchlief Fehr eine den zeitgenössischen Strömungen der Münchner Historienmalerei verpflichtete Ausbildung. Nachdem er sich in der Antikenklasse von Alexander Strähuber mit den allgemeinen zeichnerischen Grundlagen vertraut gemacht hatte, prägten die Portraitdarstellungen der Akademielehrer Gyula Benczur sowie Ludwig von Löfftz mit seinen Landschaftsgemälden seine Entwicklung nachhaltig. Portraithafte Figurenbilder und nuancenreiche Freiluftstudien in der Landschaft führte Fehr dabei besonders in Genreszenen zusammen, die im Umkreis mediterran südländischer Idyllen angelegt waren. Ein Stipendium der Würzburger „Martin-von-Wagner-Stiftung“ ermöglichte ihm im Anschluss an das Studium einen 5-jährigen Italienaufenthalt. In dieser Zeit entstanden zahlreiche Gemälde, die den bäuerlichen Alltag als harmonisches Miteinander von Mensch und Tier inmitten ursprünglicher Naturlandschaften idealisierten.
Nach seiner Rückkehr nach München unterrichtete Fehr zusammen mit Ludwig Schmidt-Reutte (1863–1909) und Paul Nauen (1859–1932) an einer privaten Münchener Malschule, deren Leitung er schließlich übernahm. Unter deren Schülern finden sich so bekannte Namen wie Emil Nolde (1867–1956) oder Clara Rilke-Westhoff (1878–1954), die die Ausbildungsstätte aber aufgrund der eher konservativen Lehrmethoden rasch wieder verließen.
Im Jahr 1897 erhielt Fehr die Berufung an die Karlsruher Kunstakademie, wo er ab 1899 Leiter der Malklasse wurde. Nach dem Ruf an die Stuttgarter Akademie und dem gemeinsamen Weggang von Leopold von Kalckreuths (1855–1928), Robert Poetzelbergers (➝ II 218) und von Carlos Grethe (1864 –1913) hatte in der bad. Künstlerschaft zunächst noch die allgemeine Befürchtung geherrscht, Stuttgart könne Karlsruhe im Südwesten den Rang als Kunststadt ablaufen. Entgegen der kulturpolitischen Konfrontationen in den vorhergehenden Jahren, die zur Sezession und Gründung des „Karlsruher Künstlerbundes“ geführt hatten, vermied Fehr bewußt größere Konflikte und sorgte mit der wohlwollenden Förderung von Lithographie und Radierung für die Kontinuität künstlerischer Ausbildung, wie sie allen voran bereits Hans Thoma (➝ II 278) propagierte. Zu Fehrs Studenten gehörten auch hier später erfolgreiche Künstler wie Alexander Kanoldt (1881–1939) oder Wladimir von Zabotin (BWB III 470), der in der Folgezeit zu den prominenteren Meisterschülern Wilhelm Trübners (vgl. S. 409) zählte. Sie lernten, die zeitgenössisch neoimpressionistischen Strömungen in eine je individuell geprägte innovative Ausdruckssprache umzuformen.
Selbst noch ganz in den traditionalistischen Tendenzen der Historienmalerei des späten 19. Jh.s verhaftet, mühte sich Fehr jedoch nicht nur um stilistisch malerische oder maltechnische Neuerungen. Er fasste die bis dahin gewöhnlich jeweils eigenständigen Darstellungsgenren von Landschaftsbild, Figurenportrait oder Interieur zu einem einzigen Bildtypus zusammen. Der Blick des Betrachters wird dabei programmatisch etwa durch den Innenraum eines reich ausgestatteten großbürgerlichen Wohnambientes mit detailliert geschilderten Figurenensembles über weitangelegte Terrassen- und Balkonöffnungen nach draußen in den Außenraum geleitet, wo sich Landschaftsausschnitte panoramaartig ausbreiten. Das dem Kolorismus so eigene Interesse an fein differenzierten Farb- und oszillierenden Lichtwerten sowie ornamentierten Textilien wie der Oberflächentextur der Maloberflächen konnte so in einem Gemälde gleichzeitig abgehandelt werden.
Während des I. Weltkrieges führte diese besondere Beobachtungsgabe und die Fähigkeit, Figur, Kleidung und Landschaft als eine organische Einheit darzustellen, zu den damals bevorzugten momenthaften Schilderungen militärischer Sujets, die mehr der formalen Untersuchung farbmalerischer Phänomene als der realistischen Wiedergabe der tatsächlichen Kriegswirklichkeit verpflichtet waren. Im Jahr 1915 von seiner Amtstätigkeit an der Akademie beurlaubt hielt sich Fehr auch zu Studienzwecken an der Ostfront auf, wo er zeichnete und malte. Nach seiner offiziellen Zurruhesetzung siedelte er mit seiner Familie 1924 nach Polling über, wo er 65-jährig verstarb.
Als überzeichnete Karikatur ist Fehr in bester Gesellschaft vieler seiner Künstlerkollegen, Ludwig Dill (➝ III 59), Hans Thoma (➝ II 278), Wilhelm Trübner (vgl. S. 409) u. a., als steinerner Wasserspeier auf dem zwischen 1903 bis 1905 errichteten Brunnen am Karlsruher Stephansplatz von Hermann Billing (➝ II 40) und Hermann Binz (1876–1946) verewigt.
Werke: Staatl. Kunsthalle Karlsruhe; Neue Pinakothek München; Museum im Kulturspeicher Würzburg.
Nachweis: Bildnachweise: Selbstbildnis, um 1900, Schabkunst auf Papier, Staatliche Kunsthalle Karlsruhe.

Literatur: Friedrich von Boetticher, Malerwerke des 19. Jh.s, Bd. 1, 1891, 291; Adam Wilhelm Theodor von Oechelhäuser, Geschichte d. großherzoglich bad. Akademie d. bildenden Künste, 1904, 108; Wilhelm Schäfer, Bildhauer u. Maler in den Ländern am Rhein, 1913, 48; ThB 11, 1915, 345 (mit Bibliographie); Joseph A. Beringer, Bad. Malerei 1770–1920, 78; 100 Jahre Akademie d. bildenden Künste Karlsruhe, AKat. Staatl. Kunsthalle Karlsruhe 1954, 20; Vollmer 5, 1961, 474 (mit Bibliographie); Jan Lauts/Werner Zimmermann (Bearb.), Katalog Neuere Meister 19. u. 20. Jh., AKat. Staatl. Kunsthalle Karlsruhe 1972, 65 f.
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