Das Siegel am Libell des Trierer Exemplars der “Goldenen Bulle” Kaiser Karls IV. (1316–1378). [Quelle: Landesarchiv BW, HStAS H 51 U 589]

Das Siegel am Libell des Trierer Exemplars der “Goldenen Bulle” Kaiser Karls IV. (1316–1378). Es zeigt auf der Vorderseite den thronenden Kaiser mit Zepter und Reichsapfel [Quelle: Landesarchiv BW, HStAS H 51 U 589]

In Archiven, so die Vorstellung, lagert ausschließlich „Flachware“: Urkunden und andere Dokumente, teils auf Pergament, meist auf Papier, vielleicht das eine oder andere Bild, dazu Kartenmaterial. In Nachlässen und anderen Beständen sind aber auch dreidimensionale Gegenstände überliefert. Nicht nur gebundene Schriftstücke finden sich hier, sondern auch Erinnerungs- und andere Stücke, die mit der Landesgeschichte und den daran beteiligten Personen verbunden sind. Ein Teil davon ist jetzt in Form dreidimensionaler Digitalisate aus den verschiedenen Standorten des Landesarchivs Baden-Württemberg online zugänglich. Zu den kostbarsten und bekanntesten Schätzen des Archivs gehört die „Goldene Bulle“. Dieses „Grundgesetz“ von 1356, das zum Weltdokumentenerbe der UNESCO zählt, wird in einem Tresor im Hauptstaatsarchiv Stuttgart verwahrt. Interessierte konnten auf ihren Bildschirmen bereits darin blättern, weil die einzelnen Seiten vor einigen Jahren eingescannt wurden. Nun kann das Exemplar von allen Seiten betrachtet werden, ebenso wie das goldene Siegel, das ihr den Namen gab, sowie die wertvolle Schatulle, die der württembergische Herzog und frisch gekürte Kurfürst Friedrich II. 1803 für das kostbare Dokument anfertigen ließ. Möglich machte das neue Angebot eine neue Scanner-Technik, die zum ersten Mal im Landesarchiv eingesetzt wurde. Dabei erfasst ein Roboterarm die Objekte von allen Seiten und überträgt den jeweiligen virtuellen Klon auf rechenstarke Computer – inklusive Farbe und Textur. An der Entwicklung beteiligt war eine aus dem Fraunhofer-Institut für Graphische Datenverarbeitung (IGD) hervorgegangene Firma. Die Objekte stehen sowohl für Forschungszwecke als auch für die gesamte Öffentlichkeit zur Verfügung. Mehr über die Produktion der Digitalisate finden Sie auf der Website des Landesarchivs . Die Objekte selbst können auch auf LEO-BW angeschaut werden. Tipp: Noch plastischer werden die Objekte bei Verwendung einer 3D-Brille.

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Wandmalerei in Tiengen zum Andenken an Joß Fritz, der für den Bundschuh und vermutlich auch die Bauernbewegung aktiv war. Quelle: Badisches Landesmuseum Karlsruhe BA 2020/1-61, Lizenz CC0

Wandmalerei in Tiengen zum Andenken an Joß Fritz, der für den Bundschuh und vermutlich auch die Bauernbewegung aktiv war. Quelle: Badisches Landesmuseum Karlsruhe BA 2020/1-61, Lizenz CC0

Am 23. Juni 1524 erhoben sich Bauern aus dem Wutachgebiet gegen ihren Landesherrn, Graf Siegmund II. von Lupfen, dessen Sitz sich im Schloss Hohenlupfen in Stühlingen befand. Der auch als „Stühlinger Schwur“ bezeichnete Protest bildete den Anfang einer Kette weiterer Aufstände, die 1524 und 1525 in Süddeutschland, aber auch in Tirol und der Schweiz sowie Thüringen und Sachsen ausbrachen. Unter den Kernforderungen waren die bis heute bedeutsamen, 1525 in Memmingen gegenüber dem Schwäbischen Bund vorgetragenen Zwölf Artikel, die zu den frühesten schriftlichen Zeugnissen menschlicher Grundrechte gehören. Die als „Bauernkrieg“ bezeichneten Aufstände jener Jahre waren keine einmalige Erscheinung. Bereits im 13. Jh. war es zu Bauernunruhen gekommen, beispielsweise in der Schweiz. Ab der zweiten Hälfte des 15. Jh. standen Aufstände im Zeichen des „Bundschuh“ mit Schwerpunkten in Hegau, Breisgau und am Oberrhein. Als Begriff für die Ereignisse von 1524/25 hat sich neben „Bauernkrieg“ der „Aufstand des gemeinen Mannes“ etabliert. Oft werden sie unter dem Blickwinkel kämpfender regionaler „Haufen“ betrachtet. Zu berücksichtigen sind darüber hinaus Beteiligte, die nicht den bäuerlichen Schichten angehörten, wie die Einwohnerschaft von Städten und Teile des Adels.

Die Grafen von Lupfen waren Mitte des 13. Jh. als Erben in den Besitz der Landgrafschaft Stühlingen gekommen. Der Bauernprotest vom 23. Juni 1524 richtete sich gegen Fron- und Dienstleistungen, die als immer unzumutbarer empfunden wurden. Eine vermutlich fiktive Geschichte handelt vom Befehl Schneckenhäuser zu sammeln, die edlen Damen als Garnspulen dienen sollten. Hier und noch mehr in Quellen wird deutlich, dass die Untertanen für herrschaftlichen Luxus zu sorgen hatten, obwohl es kaum für den eigenen Bedarf reichte. Zu den regelmäßigen Pflichten gehörte der Transport von Jagdwild oder Wein. Sogar vom Sammeln ausgefallener Zutaten für Schlehenkompott wird berichtet. Nun verlangten die ungehorsamen Bauern Jagd- und Fischereirechte für sich selbst. Doch der Protest hatte viele Ursachen. Zur weiteren Verschärfung der Situation trugen territoriale Konflikte bei, in die die Grafen von Lupfen schon in der Vergangenheit verstrickt waren und die, je nach Ausmaß, die Bevölkerung in Mitleidenschaft gezogen hatten. Besonders während des Schweizerkriegs 1499 - in der Region trafen Habsburg und Angehörige des Schwäbischen Bunds einerseits sowie die Eidgenossen andererseits aufeinander - litt die Landgrafschaft Stühlingen unter brutalen Plünderungen. Für noch mehr Zündstoff sorgte schließlich die Reformation. Im katholisch-habsburgischen Waldshut predigte Balthasar Hubmaier, Anhänger der Lehren Zwinglis in Zürich.

Nach dem 23. Juni 1523 zog der Stühlinger Aufstand immer weitere Kreise. Schlichtungsversuche verliefen ergebnislos. Sigmund von Lupfen versammelte etliche Mitstreiter. Die Aufständler wählten den ehemaligen Landsknecht Hans Müller von Bulgenbach zum Anführer. Mithilfe Hubmaiers wurde ein aus 16 Artikeln bestehendes Manifest der „evangelischen Bruderschaft“ aufgesetzt. Der gesamte südlichen Schwarzwald, Hegau und Klettgau schlossen sich an. Zu großen gewaltsamen Auseinandersetzungen kam es ab dem Frühjahr 1525. Nach anfänglichen Erfolgen wurden die Aufstände niedergeschlagen. Besonders berüchtigt war das Vorgehen des Fürsten von Waldburg-Zeil. Auch für Hans Müller wurde die Lage schwierig. Er verlor seine Anhänger, wurde nach mehrfacher Flucht verhaftet und am 12. August 1525 in Laufenburg hingerichtet.

Zum Weiterlesen: Der Bauernkrieg in der Landgrafschaft Stühlingen und seine Vorgeschichte seit der Mitte des 15. Jahrhunderts. Dissertation von Hiroto Oka, Uni Konstanz, 1998.

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Die Verschwörung des Ernst Ludwig Koseritz

Ein revolutionärer Funke im Württemberg des Vormärz

Innenhof der Festung Hohenasperg, o.D., Quelle: Landesarchiv BW, HStAS M 703 R323N2

Innenhof der Festung Hohenasperg, o.D., Quelle: Landesarchiv BW, HStAS M 703 R323N2

Anfang Juni 1833 wurden die letzten Beteiligten eines Umsturzversuchs festgenommen, der als Franckh-Koseritz’sche Verschwörung in die Geschichte einging. Das Geschehen erinnert an ein Drama des „Sturm und Drang“: Ernst Ludwig Koseritz, Leutnant auf der Festung Hohenasperg, hatte Kontakt zu oppositionellen Studenten aufgenommen. Darauf fand er Anhänger unter seinen Militärkameraden und republikanisch gesinnten Ludwigsburger Bürgern, die sich in der Weinstube „Räuberhöhle“ trafen. 1830 war in Frankreich die Julirevolution ausgebrochen, im November der Aufstand in Polen. 1832 fand das Hambacher Fest statt. Im Anschluss wurden die Maßnahmen gegen Oppositionelle verschärft. Die Hoffnung auf eine Liberalisierung im Zuge politischer Reformen schwand. Für rasche Veränderungen bedurfte es einer Revolution. Zu Koseritz gesellten sich im August 1832 Friedrich Gottlob Franckh und Georg David Hardegg, die in Paris gewesen waren und den deutschen Arm der republikanischen „Les amis du peuple“ mitbegründet hatten. Sie hielten den Kontakt zu Gleichgesinnten in Frankfurt und übernahmen die politische Führung der Verschwörung in Württemberg. Weitere Bürger sowie Bauern sollten für den Umsturz gewonnen werden. Hardegg schrieb sich an der Uni Tübingen ein, stieß aber auf wenig Resonanz unter den Studenten. Hardegg, Franckh und andere wurden bereits im Januar 1833 verhaftet. Unter diesem äußeren Druck sollte am 3. April 1833 in Frankfurter die Hauptwache gestürmt werden. Gleichzeitig plante Koseritz einen Aufstand des Militärs auf dem Hohenasperg mit dem Ziel den württembergischen König abzusetzen und die Republik auszurufen. Die Aktion in Frankfurt scheiterte. Es gab Tote, Verhaftungen, einige Beteiligte konnten fliehen. Koseritz brach das Vorhaben ab. Aus heutiger Sicht erscheinen die Ziele der Gruppe diffus und wenig planmäßig für den Fall eines tatsächlichen Umsturzes.

Nach der Festnahme von Koseritz Anfang Juni, längerer Haft und dem Todesurteil im März 1835 folgte in letzter Minute die Begnadigung mit der Auflage ins Exil zu gehen. Koseitz starb 1838 in New Orleans. Hier finden Sie den ausführlichen Text über die Verschwörung und das Schicksal der Beteiligten

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„Als Naturalist konnte letzterer unmöglich unbesucht bleiben“

George Cuviers Wanderung über die Schwäbische Alb - Tag 7

Selbst die schönste Reise geht einmal zu Ende. Den letzten Tag der Wanderung ließen Georges Cuvier und seine Freunde entspannt in Tübingen ausklingen. Vermutlich hatten auch die Genüsse des Vortags den Tatendrang der jungen Männer ein wenig gedämpft.

Nur während des Besuchs bei Professor Gottlieb Konrad Christian Storr kam bei Cuvier noch einmal Begeisterung auf: „Als Naturalist konnte letzterer unmöglich unbesucht bleiben und seine lehrreiche Unterredung nutzte uns fast so viel als die ganze Reise. Er ist ein sehr verdienter Gelehrter. Schade nur, daß seiner Naturgeschichte sonderbarer Styl viele Leser abschreckt.“

Für den Stil von Georges Cuvier gilt unserer Ansicht nach das Gegenteil. Wir hatten großen Spaß daran, durch seine Brille die Schwäbische Alb und das Württemberg des Jahres 1788 zu betrachten. Wenn es Ihnen ebenso ging, finden Sie hier den Artikel über den letzten Tag der Wanderung: Georges Cuviers Wanderung über die Schwäbische Alb – Tag 7

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Hilla von Rebay, aufgenommen von László Moholy-Nagy, 1924, Quelle: Wikimedia commons, gemeinfrei

Hilla von Rebay, aufgenommen von László Moholy-Nagy, 1924, Quelle: Wikimedia commons, gemeinfrei

Teningen ist eine Gemeinde bei Emmendingen in Südbaden. Hier steht das Haus der Familie Rebay, das seit dem Jahr 2000 eine Dokumentation zu Leben und Werk der Künstlerin Hilla von Rebay beherbergt. Hilla von Rebay war Gründungsdirektorin der Solomon R. Guggenheim Foundation in New York und an der Planung des Guggenheim-Museums beteiligt. Danach geriet sie in Vergessenheit.

Hilla von Rebay kam am 31. Mai 1890 in Straßburg als Baronin Rebay von Ehrenwiesen zur Welt. Sie war das Kind einer preußischen Offiziersfamilie mit bayerischen Wurzeln. Die Eltern zogen mehrfach um. Hilla besuchte in Köln eine Mädchenschule und ab 1905 das Mädchengymnasium. Daneben erhielt sie schon als Schülerin private Zeichenstunden. Ihre Studienjahre begannen 1908 in Düsseldorf. Ab 1909 lernte sie die internationalen Kunstströmungen in Paris, München und Berlin kennen. Prägend wurde die Begegnung mit Hans Arp 1916 in Zürich, aus der sie eine eigene Collage-Technik entwickelte, die „plastic paintings“. Ihr Schwerpunkt wurde Berlin und das Umfeld von Herwarth Waldens Galerie „Der Sturm“. 1923 gründete sie zusammen mit Kollegen die Künstlergruppe „Der Krater“. Neben anderen beinflusste Kandinsky und sein Ausdruck des Spirituellen ihren weiteren künstlerischen Weg. 1919 hatten die Eltern ein Haus in Teningen gekauft. Hilla konnte im Obergeschoss ein Atelier einrichten, das sie vorwiegend in den Wintermonaten nutzte.

Nach einem längeren Aufenthalt in Italien ging Hilla von Rebay Mitte der 1920er Jahre nach New York. Dort lernte sie anlässlich eines Porträt-Auftrags die Guggenheims kennen. Sie freundete sich mit Solomon R. Guggenheim an und begeisterte ihn für nicht-gegenständliche Kunst. Gemeinsam bauten sie eine umfangreiche Sammlung mit Werken europäischer Künstler auf. Dazu gehörten über 150 Arbeiten von Kandinsky. 1937 wurde die Solomon Guggenheim Foundation gegründet mit Guggenheim als Präsidenten und Hilla von Rebay als Kuratorin. 1939 entstand in New York das „Museum of Non-Objektive Painting“. Während des Zweiten Weltkriegs setzte Hilla von Rebay ihre Sammlungstätigkeit fort und unterstützte in Europa verbliebene Künstler. 1943 erhielt Frank Lloyd Wright den Auftrag für die Planung des Guggenheim-Museums. Hilla von Rebay war maßgeblich an der Entwicklung der Entwürfe beteiligt. Möglicherweise wirkte sie auch bei der Schaffung der innovativen Schneckenform mit. Die Fassadenfarbe weiß geht auf ihren Vorschlag zurück. Nach dem Tod Solomon R. Guggenheims 1949 endete die Kooperation mit der Foundation. 1952 verlor Hilla von Rebay ihre Leitungsposition. Der Baubeginn des Museums 1956 und dessen Einweihung 1959 fand ohne sie statt. Die letzten Lebensjahre verbrachte sie in Westport, Connecticut, nordöstlich von New York, wo sie 1967 starb. Sie wurde im Familiengrab in Teningen bestattet. Das Haus hatte sie bereits 1938 der Gemeinde geschenkt. Es wird heute von einem Förderverein betreut, der Ausstellungen und Veranstaltungen organisiert. 2005 kam Hilla von Rebay mit einer Gedächtnisausstellung im Guggenheim-Museum zu späten Ehren. Eine ausführliche Biografie und weitere Informationen finden Sie auf der Website des Rebay Hauses.

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